Flaschenpost

Dienstag, 27. September 2011

Umzug

Zeit für ein neues Haus.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Sehr geehrte Frau Schäfer-Wagner,

bitte entschuldigen Sie, wenn ich mich in einer ernsten Angelegenheit an Sie wende. Mir ist bewußt, daß mein Anliegen kaum auf Verständnis stoßen wird, aber erstens ist es nicht länger erträglich zu schweigen, und zweitens dürfte es Ihnen leichtfallen, meinem weiter unten genannten Wunsche nachzukommen, auch ohne Verständnis zu haben.
Seit einigen Wochen höre ich – verzeihen Sie meine Offenheit – das Geräusch, das die Belüftungsanlage ihrer Toilette hervorruft; zumindest ist das die plausibelste Vermutung, die mir zu diesem sehr unangenehmen heulenden Summen einfällt. Besonders lästig ist es, wenn es – wie heute – geschlagene zwei Stunden anhält. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Schreibens ist es immer noch zu hören, und Sie dürfen sicher sein, daß es ein sehr unangenehmer Zustand ist, zwei Stunden und länger auf das Verstummen eines verhaßten Geräusches zu warten.
Sie könnten mich für übertrieben geräuschempfindlich halten, doch erstens ändert die Zuschreibung irgendeiner Empfindlichkeit an meine Person nichts an meiner mißlichen Lage und dem damit verbundenen Ärger und Verdruß; zweitens ist es egal, wie empfindlich oder unempfindlich ich bin, wenn es Ihnen gegeben ist, ohne großen Aufwand meine Erlösung herbeizuführen. Drittens aber trifft der Vorwurf nicht. Ich würde mich nie über das morgendliche Gekrächze, Geräusper und, nun ja, Gespucke Ihres Herrn Gatten beschweren, und ich sage auch nichts über das vernehmliche Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaakoooooooooooooooooob, mit dem Ihr im Stimmbruch befindlicher Erstgeborener seinen Bruder morgens um sieben zum Aufstehen zu bewegen bemüht ist, und obendrein schweige ich über die donnernden Schimpfkanonaden, mit denen Ihr Ehemann seine Söhne zusammenstaucht. Noch viel weniger würde ich jemals erwähnen, wie irritierend es ist, wenn Sie oder Ihr Mann vor meinem Fenster geräuschvolle Gespräche mit den Nachbarn führen, nein, sage ich, dazu schweige ich und will ich weiter schweigen. Von einer besonderen Empfindlichkeit kann also keine Rede sein, selbst das allabendliche Einlaufen- und Ablaufenlassen des Badewannenwassers in der Wohnung im ersten Stock stört mich nicht weiter.
Allein, es gibt Geräusche, die nicht durch ihre Lautstärke, sondern bloß durch ihre Eigenart den, der ihnen ausgesetzt ist, in den Wahnsinn treiben können, und ich ersuche Sie dringend, dieses Lüftergeräusch, das bedauerlicherweise zu jenen unerträglichen Schallarten gehört, zu eliminieren. Mir will auch nicht in den Kopf, warum es erst seit wenigen Wochen zu hören ist. Irgend etwas müssen Sie daran geändert haben. Vielleicht war die Anlage defekt, und Sie haben ein halbes Jahr gebraucht, sie zu reparieren? Angesichts der Geschwindigkeit, mit der Sie Ihr Gerümpel aus dem Flur entsorgen, halte ich das für durchaus plausibel. Oder Sie haben vorher nur Ihr zweites Bad benutzt? Oder einen Nachttopf?
Was immer es ist, ich bitte Sie inständig, zum früheren Zustand, was immer er gewesen sein mag, zurückzukehren.
Bedenken Sie bitte, daß ich dem Geräusch nicht entgehen kann, da mein kombiniertes Eß-, Schlaf- und Wohnzimmer eine Wand mit Ihrer Toilette teilt.

Hochachtungsvoll,
T. Th.

B., den 23.6.2010

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Hörerbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,

nein, ich will nicht in den (fraglos vielstimmigen) Chor derer einstimmen, die den Verlust einer so originellen, informativen, anregenden, labyrinthisch-verzweigten, herrlich langsamen Sendung wie "wdr3.pm" es war, beklagen wollen. Schlimm genug, daß die Sendung gestrichen wurde; aber die Wege der Programmdirektion sind (zwar nicht wunderbar aber) rätselhaft, und ein Hörerkommentar wird daran nichts ändern, viele Hörerkommentare vermutlich auch nicht. Sei's drum. Daß aber nun auch die Internet-Dokumentation dieser Sendung sang- und klanglos verschwunden ist, so daß man nicht nicht einmal mehr erinnern darf, oder, wichtiger, recherchieren kann, das ist nicht nur bedauerlich, sondern wirklich schlimm. An vieles erinnert man sich vielleicht dunkel, das man noch einmal aufspüren möchte, um es als Tonträger oder in gedruckter Form zu beschaffen, sei es ein Gedicht, einen Prosatext, einen Verweis auf Film, Bild oder Theater, der neugierig gemacht hat. Es wäre nun ein großer Verlust, dem nicht früher nachgegangen zu sein. Ich möchte Sie also bitten, die Ankündigungen und vor allem die Laufpläne der wdr3.pm-Sendungen wieder einzustellen. Sollte dies aus irgendwelchen (von mir ohnehin und schon a priori nicht einzusehenden) Gründen nicht möglich oder unerwünscht sein (als wollten Sie mit diesem alten Ballast nichts mehr zu tun haben, sich von dieser Ära ein für allemal lösen wie von einem Makel), bitte ich Sie um die Zusendung (als pdf-Datei) der Laufpläne dreier Ausstrahlungen, deren Titel oder Datum ich leider nicht mehr erinnerlich bin. Die erste Ausstrahlung handelte von Tieren; die zweite von Drogen (irgendetwas von "siebtem (oder achtem?) Sinn" im Titel); die dritte von Wirklichkeit und Unwirklichkeit (Titel: "Nicht wirklich. ..."). Soweit ich mich erinnere, stammten alle drei Produktionen aus der Feder des wunderbaren Mario Angelo, dem Sie gerne meine bewundernden Glückwünsche ausrichten dürfen.

Hochachtungsvoll,
T. Th.

Mittwoch, 3. Januar 2007

An C. ("Wenn ich einmal groß bin ...)

"[...] Doch, eine Zeitlang wußte ich sehr wohl, wohin ich wollte. Ich hütete mich davor, so großspurig wie jener Literat mit den Schweinsäuglein (Thorsten, Markus, Thomas, Michael, keine Ahnung) aufzutreten, aber im Grunde war mein Ziel genau das: Wenn ich groß bin, will ich Professor werden. Ich sah allerdings in diesem Bild des Professors, der ich einmal sein würde, eine Figur, die es nicht gibt und auch nie gegeben hat. Es war eine Phantasie, die sich einen feuchten Dreck um die Wirklichkeit scherte, eine Phantasie, die einer Gedankenwelt entsprungen war, in der Vokabeln wie Forschungsfinanzierung, Drittmittel, Projektanträge, Gutachten und Bewilligung nicht vorkamen. Eine gedachte Entität in einer gedachten Welt, in der es zur Forschung nicht Geld sondern Fleiß, Eingebung, Kreativität und Freiheit brauchte. Eigentlich kann man sagen, daß ich eine Märchenfigur werden wollte. [...]"




Sonntag, 5. November 2006

...

[...] kalt ist es nicht mehr besonders bei uns, niederschlag ist auch keiner gefallen. die luft ist gut und frisch, kein wind, der himmel flockiges milchgrau. heute vermisse ich die vögel. nur ein paar elstern haben gescheckert. hätte fast eine kerze angemacht, aber es war doch schon hell. im flur duftet es nach meinem kaffee. so ein espresso verströmt beim zubereiten stärkeren geruch in der wohnung. ach, wie freue ich mich, wenn du hier endlich hereinkommst. schön ist es nicht bei mir, auch wenn ich noch aufräume -- was ich mir fest vorgenommen habe. aber du wärst dann auch einmal in meiner kleinen welt gewesen, hättest mein leben auch räumlich betreten (sonst bist du ja schon mittendrin in meinem leben, in meinem herzen, in jedem winkeln meiner gedanken). dann mach ich dir einen schönen milchkaffee, ehe wir aufbrechen. und wer weiß, vielleicht ist ja gerade niemand zuhause außer uns ...? [...]


.

Mittwoch, 7. Juni 2006

episteln: an meinen bruder

Brüderchen,

Heute nacht hatte ich einen seltsamen traum: in meinem zimmer bemerkte ich eine spinne, die aus irgendeinem wirrwarr von geräten oder schachteln herauskrabbelte. sie hatte einen runden, hellgrauen körper und sehr lange dünne beine. als sie an der wand über meinem bett angelangt war, war ihr körper gedrungener geworden, der hinterleib länglicher, ihre farbe dunkel, und die beine waren jetzt dick, wie die von solchen spinnen, wie sie gerne unter kellertreppen wohnen ... panisch wich ich zuück, ich kannte diese spinne, sie hatte mir schon einmal einen schrecken eingejagt, sie war über ein jahr in meinem zimmer gewesen, ohne daß ich es bemerkt hatte ... ich rief nach dir. du warst irgendwo draußen, im nebenzimmer, auf dem flur, jedenfalls im haus. du kamst herein. als du die tür öffnetest, hockte die spinne darüber. ich hatte einen kurzem augenblick angst, sie könne auf dich herabfallen, aber du tratest unbeschadet durch die tür, kamst zu mir, und ich deutete auf das tier, das mittlerweile die ausmaße eines zwergpudels angenommen hatte und von tiefschwarzer farbe war. ich glaubte, du würdest dich fürchterlich erschrecken; zu meinem riesengroßen erstaunen aber gingst du ruhig zu der spinne hinüber, packtest sie mit beiden händen an einem beinpaar, so wie man einen stier bei den hörnern packen mag, durchquertest an mir vorbei das zimmer und schleudertest das ding aus dem fenster in den hof. ich war gerettet.

Bester retter und spinnenbändiger, glücklich erwacht bin ich

Dein TTh


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Mittwoch, 18. Januar 2006

ansonsten ...

... hänge ich der vergangenheit nach, die mich nicht trösten kann, so wie sie ist, und so wie sie ist, muß ich ihr dennoch nachhängen.

vale

Montag, 16. August 2004

An Claudia

Ich fühle mich durch Deine Worte emporgehoben und verzaubert. Und bin Dir mit einemmal ganz nahe. Ich fühle plötzlich Deine Hand auf meiner Stirn, und mein Herz wird ruhig. So ruhig es eben geht.

Freitag, 23. Juli 2004

An Esther

Gerade dann, wenn man am meisten zu erzählen hat, ist ein Brief das letzte, wozu man sich sammeln möchte. Und will man dann einmal schreiben, hat man nichts mehr zu erzählen.

Viel eher greift man zum Telephonhörer oder schreibt eine elektronische Nachricht. Man will seine Sorgen schneller loswerden. Man ist ungeduldig und will sofort eine Antwort haben. Ein Brief dagegen braucht Zeit; er erfordert eine Sammlung, derer man ausgerechnet aus demselben Grunde entbehrt, aus dem man überhaupt zu schreiben erwogen hat.

Indem der Brief den Schreibenden dazu anhält, seinen Gedanken eine Ordnung zu geben, zwingt er ihn auch, Grund und Wirkung zu entfädeln, nach Hintergründen, Motivationen, und Ursachen zu suchen, sich selbst auf die Schliche zu kommen, und am Ende dieses Vorgangs versteht man sich selbst vielleicht besser. Der Brief ist wie ein Tagebuch, nur distanzierter, denn man muß sich immer fragen, wie die eigenen Worte auf den Empfänger wirken werden, was man sagen, was man verschweigen will. Auf diese Weise hilft das Briefschreiben dem Schreiber, sich auch darüber klarzuwerden, was er sich selbst eigentlich nicht eingesteht. Oder, anders herum, das Briefschreiben verhilft gerade dazu, sich selbst etwas einzugestehen, indem man es einem anderen mitteilt. Immer vorausgesetzt natürlich, man schickt den Brief auch ab.

Wann schreibt man heutzutage überhaupt einen (persönlichen) Brief? Unter wer schreibt? Freunde einander? Eltern und Kinder? Jüngere und Ältere, wenn letztere sich scheuen, es mit der elektronischen Post zu versuchen? Ich stelle fest, daß ich kaum noch Briefe schreibe, es sei denn, daß ein Briefwechsel schon besteht. Der Brief ist zu etwas Besonderem gewachsen, nicht nur, weil er seltener geworden, sondern weil er einem strenger ausgewählten Adressatenkreis vorbehalten ist.

Das war früher ganz anders. Ich erinnere mich, daß der Brief bis in die erste Hälfte der 90er Jahre ein völlig gewöhnlicher Mitteilungsweg war, wenn das Telephon einmal nicht in Frage kam. Vor kurzem fiel mir ein Brief in die Hände, den mir eine Bekannte aus der Universität geschickt hatte. Es war damals vorlesungsfreie Zeit, sie und ich hielten uns bei unseren Eltern auf, keiner hatte die Nummer des anderen. Ich war verblüfft. Und ich erinnerte mich: Natürlich hatten wir Briefe gewechselt, oder einander Postkarten geschrieben. Warum schien mir das plötzlich ungewöhnlich? Wir würden heute keinen Brief mehr schreiben, dachte ich. Warum? Nicht, weil es uns zu umständlich wäre. Nein, mein Erstaunen über diese einfache, in Vergessenheit geratene Tatsache hatte einen anderen Grund. Ich glaube, die schriftliche Mitteilung hat einen neuen Stellenwert erhalten. Ein Brief ist nicht einfach ein Ersatz fürs Telephon, wie früher: Diese Stelle nimmt heute die E-Mail ein. Vielmehr ist der Brief etwas Besonderes, weil er eine gewisse Vertrautheit voraussetzt, ein inniges Verhältnis zwischen den Korrespondierenden, eine persönliche Nähe, die für die E-Mail nicht erforderlich ist und von ihr auch nicht impliziert wird. Schriebe ich heute einem Kommilitonen, den ich nur aus dem Hörsaal kenne, und den ich höchstens einmal am Telephon gesprochen habe, einen Brief, wäre das völlig ungewöhnlich, weil ich damit einen Grad der Nähe zu diesem Menschen behaupten würde, der in unserem Verhältnis noch gar nicht erreicht wäre. Der Brief tritt heute zwischen zwei Menschen erst viel später in Erscheinung. Der Brief bedeutet Freundschaft. Einen persönlichen Brief, ja nur eine Postkarte schreiben, ohne daß ein Verhältnis großer Nähe besteht, hieße, sich im Ton vergreifen. Es wäre, wenn nicht ein Akt des Sichaufdrängens, so doch etwas Voreiliges, und ist in jedem Fall ein Schritt, der vom anderen mit Vorsicht, ja sogar Mißtrauen beobachtet würde.

Cicero schrieb täglich mehrere Briefe. Seneca „unterhielt sich“ schriftlich mit seinem Schüler Lucilius; seine Briefe füllen zwei dicke Bücher. Zieht man in Betracht, daß der Mensch auch noch Dramen, philosophische Abhandlungen und anderes verfaßt hat, muß wohl davon ausgegangen werden, daß auch er täglich mehrere Briefe (nicht nur an Lucilius und nicht nur die, die ohnehin zur Veröffentlichung bestimmt waren) geschrieben haben muß. Heute dagegen zählen wir die Briefe nach Monaten. Aber ich wage zu behaupten, daß durch das Medium der elektronischen Post eine neue Schriftlichkeit zustande kommt und eine neue Kultur des Briefwechsels erwächst, die der alten, von Cicero und Seneca gepflegten vielleicht näher steht, als man vermuten würde. Ich schreibe täglich mindestens eine Nachricht mit mehr als 10 Zeilen Länge, an bestimmte Personen, mit denen mich genau diese Form des „Brief“wechsels verbindet, oft schon seit Jahren. Das sind Nachrichten, die immer über die bloße Information, über die Verabredung, Mitteilung, Vereinbarung hinausgehen, und in denen ein echtes Gespräch zustande kommt. In früheren Zeiten wären das alles „echte“ Briefe gewesen, hätte man sich die Mühe gemacht. Für Cicero und seine Zeitgenossen war es aber wohl selbstverständlich, sich diese Mühe zu machen. Vielleicht aber hatten sie es auch leichter. Ich frage mich schon seit längerem, ob wir heute nicht allzu oft abgelenkt sind durch eine Flut von Möglichkeiten der Zerstreuung, so daß wir Dinge aus den Augen verlieren, die, wenn wir uns daran machten, sie zu schaffen, vielleicht Bestand hätten. Oder uns selbst reifen lassen würden dadurch, daß wir Mühe aufwenden und uns im Wortsinne: widmen. Oder etwas der Welt hinzufügen würden, auf das wir stolz sein dürften. Wir schaffen so wenig Schönes, das wir der Welt entgegenstellen können. Wir sind abgelenkt und alles ist uns allzu schwer. Kaum bringen wir es noch zuwege, etwas mit der Hand zu schreiben. Aber das ist ein Gedanke, dem ich einen eigenen Brief widmen muß.

Dienstag, 13. Juli 2004

...

Ach Claudia, es ist zum Verrücktwerden. Du bist so schön, daß es absurd ist, aberwitzig schön.

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

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