tinius - 18. Jan, 08:28

Deine Begeisterung für Rushdies "Mitternachtskinder" und Handkes "Ein Jahr in der Niemandsbucht" teile ich uneingeschränkt, bei Dostojewskij mag ich Dir nicht folgen, gehört er doch zu meinen Lieblingsautoren. Aber über Geschmack läßt sich bekanntlich kaum streiten. Genau das aber macht es auch schwer, eine Empfehlung auszusprechen, zumal ich bislang nur Deine Listen von 2007 und 2006 überflogen habe, bei denen zudem wenig bewertet wurde. Rein subjektiv würde ich Dir David Mitchells "Der Wolkenatlas", bei dem Dich das Experimentelle allerdings nicht stören sollte, Matt Ruffs "Ich und die Anderen", Ian McEwans "Am Strand", John Banvilles "Die See" oder Davide Longos "Der Steingänger" vorschlagen, allerdings ohne dafür eine Haftung übernehmen zu wollen. ;)

Talakallea Thymon - 18. Jan, 10:08

ich glaube, meine abneigung gegen Dostojewskij kann ich präzisieren, oder doch zumindest so andeuten, daß eine entgegnung (und richtigstellung?) möglich wird: ich würde mich freuen, wenn jemand meinen blick auf diesen autor relativieren könnte, indem er mir aufzeigt, was lesenswert daran ist und, umgekehrt, die ursache meiner abneigung so erklärt, daß sie entkräftet wird.

es ist dreierlei, was mich an D. (und im übrigen auch an Tolstoj) stört: Erstens die sprache, die ich unbeholfen und holperig finde (das mag an der übersetzung liegen; russisch spreche ich leider nicht; vielleicht sollte ich mal eine englische übersetzung versuchen); zweitens eine eigenart der beschreibung, die ich ad hoc finde und die manchmal so klingt wie von einem mittelmäßigen schüler verfaßt, etwa so: "Aljoscha schwieg und sah seinen Bruder aus irgendeinem Grund mehrere Minuten scharf an." -- ich vermag mir diese szene nicht vorzustellen, wie soll das gehen, mehrere minuten scharf ansehen. und der bruder? schweigt dazu? erwidert diesen blick? weicht aus? wir erfahren es nicht. des weiteren: was soll "aus irgendeinem grund" heißen? das fällt für mich in die kategorie, "nichts eingefallen". genauso wie die phrase "unbeschreiblich". das darf einem schriftsteller nicht unterlaufen, das ist ein eingeständnis seiner unfähigkeit. schließlich drittens: ich mag romane nicht, die praktisch nur aus dialogen bestehen. und vielleicht viertens: die ganze welt (bürgerliche gesellschaft der späten zarenzeit) ist mir einfach völlig fremd (und erschließt sich mir nicht).

aber wie gesagt, vielleicht kannst du ja abhilfe schaffen, und mir einen fingerzeig geben; dann lese ich die "Brüder K." vielleicht doch noch zu ende ...
Sturznest - 18. Jan, 13:03

Aber muss man dass denn? Ich meine wenn man Dostojewski nicht mag.
Mittlerweile gibt es aber doch die überaus hochgelobten Übersetzungen von Swetlana Geier. Aber ich fand die früheren schon großartig, Schuld und Söhne, der Idiot usw. Allerdings bei den Brüdern K. da bin ich auch noch nicht bis zum 1 Teil herausgekommen.
Holprig allerdings finde ich weder Tolstoi noch Dostojewski, alleine die Schilderung des Weges von Anne Karenina zum Bahnhof wo sie sich einem Zug entgegen schmeisst, ist WELTKLASSE....Aber trotzdem, wenn es nicht geht es nicht. früher glaubte ich immer ich müsste anderen meinen Literaturgeschmack aufbrummeln, aber das ist Unfug, man kann schließlich nicht alles mögen.

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