Interessante Gedanken, denen ich weit gehend weitgehend zustimme. In der Tat zeigt das Englische, dass sich gesprochene und geschriebene Sprache sehr weit voneinander entfernen können. Wenn man der gesprochenen Sprache den Primat zuweist, dann erscheint es natürlich, von Zeit zu Zeit eine Anpassung der Schriftsprache vorzunehmen, damit Neulingen der Einstieg leichter fällt.
Mit der letzten deutschen Reform ist man allerdings über dieses Ziel hinausgegangen. Zum Beispiel kann man im Gesprochenen keinen Unterschied zwischen zusammen oder getrennt geschriebenen Wörtern erkennen. Hier müssen also andere Gründe geltend gemacht worden sein. Aber diese Gründe müssen gegen die Schwierigkeiten abgewogen werden, die alle die treffen, die entweder die Schriftsprache gerade lernen oder die von Berufs wegen gezwungen sind, ein im Sinne der Regeln fehlerarmes (Amts)Deutsch zu schreiben.
Eines der Hauptargumente der Befürworter der Reform war, dass so Deutsch eine größere Verbreitung auf der Welt finden würde - als ob eine Sprache gelernt würde, weil sie leicht zu erlernen ist, und nicht, weil man sie benötigt.
Ich habe anlässlich der Reform über meine eigene Schreibung nachgedacht und nehme mir seitdem mehr Freiheiten, mal die eine und mal die andere Schreibweise zu verwenden und manchmal auch eine eigene zu kreieren. Denn genauso wie die gesprochene Sprache sollte man auch die geschriebene leben lassen.
Doch, man kann bei vielen Ausdrücken sehr wohl einen Unterschied zwischen Komposition (Ebene der Wortbildung) und Syntagma (Ebene des Satzbaus) erkennen, aber man muß schon etwas genauer hinschauen als die Reformer dies vermutlich je getan haben. Abgesehen von Betonung und Intonation gibt es handfeste Kriterien dafür, ob Wortbildung (Zusammenschreibung) oder Syntagma (Getrenntschreibung) vorliegt. Beispielsweise weitreichend und <vielversprechend. Daraus, daß für die meisten Sprecher die Steigerungsformen weitreichender und vielversprechender völlig akzektabel sind, läßt sich der Schluß ziehen, daß es sich um ein Wort handelt, nicht um zwei. Aber statt eine solch einfache Beobachtung zur Kenntnis zu nehmen, zwingen die Reformer, viel versprechender zu schreiben, was Unsinn ist, denn es gibt kein *versprechender, weder viel noch wenig. Das ist übrigens nicht von mir konstruiert, sondern ich bin diesem orthographischen Ungeheuer wirklich begegnet.
Bei weitgehend ist der Fall schwieriger. Hier liegt ein Grenzfall vor. Die einen werden weitgehender akzeptieren, die anderen auf weiter gehend bestehen.
Aber, wie ich es lesen mußte, weit gehender zu schreiben -- das geht nun wirklich zu weit.
Die einzige Reform, die wirklich sinnvoll gewesen wäre (weil sie die schwierigsten Probleme der deutschen Schreibung mit einem Schlag gelöst hätte) und die obendrein noch mit einer handvoll simpler Regeln ausgekommen wäre, wurde nicht durchgeführt: Die Einführung der Kleinschreibung. Da hätte man lieber die Adelungsche s-Schreibung belassen. Die ist nun wirklich einfach zu lernen.
Es gibt Studien, die zeigen, dass die Lesegeschwindigkeit bei deutschen Texten in Kleinschreibung geringer ist. Man kann sich hier zwar auf das Argument zurückziehen, dass es nur die ungewohnte Schreibung ist, die dieses Ergebnis erklärt. Ich habe aber noch ein anderes Gegenargument: Deutsch zeichnet sich gegenüber anderen Sprachen durch eine große Freiheit im Satzbau aus. Um aber den Inhalt eines Satzes zu verstehen, muss zuerst seine grammatische Struktur aufgeklärt werden. In den Neurowissenschaften hat man herausgefunden, dass diese Struktur in nur wenigen Millisekunden und vor der Bedeutung der Wörter entschlüsselt wird. Wenn wir jetzt auf konsequente Kleinschreibung setzen, dann nehmen wir unserem eingebauten Dekoder wichtige Anhaltspunkte für das Auffinden der Substantive und damit der Struktur des Satzes.
Man kann es ja mit dem Englischen vergleichen: Kleinschreibung, andere Zeichensetzung, weniger Schachtelsätze. Die Kleinschreibung hätte viel größere Auswirkungen als nur weniger Großbuchstaben. Wenn man mich fragt, ich würde gegen die Einführung der Kleinschreibung votieren.
weit gehendweitgehend zustimme. In der Tat zeigt das Englische, dass sich gesprochene und geschriebene Sprache sehr weit voneinander entfernen können. Wenn man der gesprochenen Sprache den Primat zuweist, dann erscheint es natürlich, von Zeit zu Zeit eine Anpassung der Schriftsprache vorzunehmen, damit Neulingen der Einstieg leichter fällt.Mit der letzten deutschen Reform ist man allerdings über dieses Ziel hinausgegangen. Zum Beispiel kann man im Gesprochenen keinen Unterschied zwischen zusammen oder getrennt geschriebenen Wörtern erkennen. Hier müssen also andere Gründe geltend gemacht worden sein. Aber diese Gründe müssen gegen die Schwierigkeiten abgewogen werden, die alle die treffen, die entweder die Schriftsprache gerade lernen oder die von Berufs wegen gezwungen sind, ein im Sinne der Regeln fehlerarmes (Amts)Deutsch zu schreiben.
Eines der Hauptargumente der Befürworter der Reform war, dass so Deutsch eine größere Verbreitung auf der Welt finden würde - als ob eine Sprache gelernt würde, weil sie leicht zu erlernen ist, und nicht, weil man sie benötigt.
Ich habe anlässlich der Reform über meine eigene Schreibung nachgedacht und nehme mir seitdem mehr Freiheiten, mal die eine und mal die andere Schreibweise zu verwenden und manchmal auch eine eigene zu kreieren. Denn genauso wie die gesprochene Sprache sollte man auch die geschriebene leben lassen.
Bei weitgehend ist der Fall schwieriger. Hier liegt ein Grenzfall vor. Die einen werden weitgehender akzeptieren, die anderen auf weiter gehend bestehen.
Aber, wie ich es lesen mußte, weit gehender zu schreiben -- das geht nun wirklich zu weit.
Die einzige Reform, die wirklich sinnvoll gewesen wäre (weil sie die schwierigsten Probleme der deutschen Schreibung mit einem Schlag gelöst hätte) und die obendrein noch mit einer handvoll simpler Regeln ausgekommen wäre, wurde nicht durchgeführt: Die Einführung der Kleinschreibung. Da hätte man lieber die Adelungsche s-Schreibung belassen. Die ist nun wirklich einfach zu lernen.
Man kann es ja mit dem Englischen vergleichen: Kleinschreibung, andere Zeichensetzung, weniger Schachtelsätze. Die Kleinschreibung hätte viel größere Auswirkungen als nur weniger Großbuchstaben. Wenn man mich fragt, ich würde gegen die Einführung der Kleinschreibung votieren.