sakra - 1. Sep, 13:40

Ach, schön! Jetzt muss ich doch noch kurz meinen Senf dazugeben, auch wenn das Deiner Argumentation entgegenkommt (aber ich streite mich auch gar nicht :-P): Es werden einfach viel öfter Frauen über Männer definiert als Männer über Frauen, und zwar auffällig oft in Hollywood-Filmen. Feldforschungen meinerseits haben ergeben, dass das z.B. in Tatorten extrem viel weniger vorkommt, in Büchern schon mal gar nicht etc pp. Es ist eben auffällig, wie Frauen wo dargestellt werden. Finde ich gar nicht absurd.

Talakallea Thymon - 2. Sep, 10:27

Ich freue mich über jeden Senf!

Gegen Zahlenmaterial ist natürlich nichts einzuwenden. Daß der Bechdel-Test in einer bestimmten Filmsparte auffällig häufig nicht bestanden wird, sollte einem zu denken geben.

Oder vielleicht auch nicht. Denn eines ist es, einen solchen Test zu formulieren. Etwas anderes ist es aber, Schlüsse aus den Testergebnissen zu ziehen. Es bleiben da noch drei Ungereimtheiten, wie ich sie ja schon in unserem Streitgespräch unserer Diskussion zu bedenken gegeben habe:

1) Es fehlt eine eindeutige Diagnostik des Definiertwerdens-über-X. Über Männer zu sprechen steht ja wohl jeder Frau zu, ohne deshalb in den Verdacht zu geraten, über Männer definiert zu werden. Aber nehmen wir einmal an, daß gilt: Spricht A in einem Film über X, so ist A in der Darstellung über X definiert. Dann ist doch völlig unklar, warum Frauen in diesen Filmen nicht über alles andere genausogut definiert sein sollten wie ausgerechnet über Männer. Das heißt, Frauen, die über Sportwagen plauschen, müßten dann über Sportwagen definiert sein. Sind sie aber nicht (oder?). Das Sprechen-über kann also als diagnostisches Kriterium nicht allein genügen. (Und was soll das überhaupt heißen "definiert werden über"? Mir scheint das ein Modewort ohne viel Inhalt zu sein.)

2) Bevor man über das (vermeintlich oder tatsächlich) einseitige Bild der Frau im Film lamentiert, darf man sich ruhig auch Gedanken über das einseitige Bild des Mannes im Film Gedanken machen. Diesen Punkt hast du in unserer Diskussion ja selbst erwähnt. Hier stimmen wir überein.

3) Mit dem zweiten Punkt in engem Zusammenhang steht folgender Einwand: Wenn Frauen, die im Film über Männer sprechen, über Männer definiert werden, dann muß das auch für Männer gelten, die in Filmen über Frauen sprechen. Und hier kommt eben die "Immunisierungsstrategie" zur Anwendung: Da das Geschlechterverhältnis sowieso und überhaupt asymmetrisch ist, gilt vor dem Hintergrund der Asymmetrie eben nur ersteres, und Männer können in Filmen über Frauen quaken soviel sie wollen, sie sind nunmal nicht über Frauen definiert.

4) Der Test scheint mir ein willkürliches Kriterium anzuwenden und daher wenig Aussagekraft zu besitzen: Es ließen sich doch Filme denken, die ein clichéhaftes Frauenbild zeichnen, ohne daß die auftretenden Frauen über Männer sprechen müßten. Ein Film könnte beispielsweise zwei dumme Hühner zeigen, die nichts als Diäten, Klamotten, ihr PMS und Horoskope im Kopf haben. Und das wäre dann das einzige, worüber die beiden reden. Umgekehrt läßt sich ein vielschichtiges Frauenbild zeichnen, auch wenn man Frauen über Männer sprechen läßt: Man denke an die Filmbiographie einer Historikerin, die über Dschingis Khan oder die Päpste forscht. (Überhaupt sind ja Männer nicht gleich Männer. Ein Gespräch über den Lover in spe scheint mir etwas ganz anderes zu sein, als beispielsweise ein Gespräch über den Papst oder Sokrates.)

Und schließlich ist vielleicht weibliches und männliches Verhalten tatsächlich verschieden. Vielleicht reden Frauen gerne über ihre jeweiligen Beziehungen (zu Männern wie zu Frauen; und mit Männern wie mit Frauen!), Männer mit Männern eher nicht. Insofern ein Film gar nicht vielschichtig sein, sondern das Typische darstellen will (aus welchen Gründen auch immer), muß er die vorgefundene Wirklichkeit darstellen, ob uns diese Wirklichkeit nun gefällt oder nicht. Ich sage nicht, daß die Wirklichkeit so ist. Aber man sollte es nicht von vorneherein ausschließen. Es ist natürlich nicht schön, wenn die Medien schon genau zu wissen glauben, wie die Frauen sind. Aber genauso unangenehm ist es, wenn sie bereits genau wissen, wie die Männer ticken.

Name

Url

Meine Eingaben merken?

Titel:

Text:


JCaptcha - du musst dieses Bild lesen können, um das Formular abschicken zu können
Neues Bild

 

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

Epistolae electronicae:

talapenthea_thymon ad hotmail punctum com

Spurensucher

 

Web Counter-Modul


Marbach

Dieses Weblog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.

Metron ariston

Pflichtnennung


Als wären nicht zweimal die Kräfte
An habent et somnia pondus
Astartes Lächeln
Colourless green ideas
Daß alles für Freuden erwacht
Dem geschah auch Lieb durch Liebe nie
Die Stadt am Ende des Jahrtausends
egregie dicta
Fasti
Flaschenpost
hemerolog
In Nemore
Logolog
Ludus Latinus
Mores Ferarum
Nicht mit gar zu fauler Zungen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren