enhyloi - 14. Okt, 22:54

Andererseits - dies von einer, die in einer Gegend oder Kultur aufgewachsen ist, die völlig sternsingerfrei war - warum nicht, wenn es den Kindern gefällt? Warum soll Halloween schlechter sein als deutsche Feste, nur weil es aus dem bösen Amerika kommt? Ich verstehe durchaus die Sorge vom Kulturverlust und vor dem "Verlust" der eigenen Geschichte, bin aber inzwischen etwas sanfter geworden. So läuft die Welt. Und Halloween ist eine gute "Alternative" für die graue Jahreszeit, wenn man nicht religiös ist, zum Beispiel.
Ich komme auch nicht umhin zu denken, dass Grusel und leuchtende Kürbisse einfach eine kindliche Angst und daher Faszination ansprechen, die sich, einmal gefasst und entdeckt, sehr leicht und automatisch weiter trägt. (Nein, ich feiere durchaus kein Halloween! Falls die Frage aufkommt.)

Talakallea Thymon - 15. Okt, 20:04

Es gibt (leider?) keinerlei rationale Argumente gegen Halloween in Deutschland. Wenn die Kinder einen Mordsspaß dabei haben, es zudem weder gefährlich noch schädlich ist, warum nicht? Die Kinder gehen ja trotzdem noch zum Märtensingen, man kann also nicht einmal einen Verlust beklagen.
Meine Ablehnung ist also eine irrationale, emotionale Reaktion. Diese hängt zum einen damit zusammen, daß ich in einem Alter bin, wo Neues als Ärgernis oder sogar als etwas Bedrohlichiches wahrgenommen wird. Als ich Kind war, gab es das nicht, jetzt gibt es das. Es ist neu, es verwirrt mich. Aus demselben Grund besitze ich kein Mobiltelephon und lehne es mit haßerfüllter Vehemenz ab.

Zum anderen speist sich die Ablehnung aus einem wachsenden Gefühl der Heimatlosigkeit-in-der-Heimat. Ich bleibe, aber die Dinge um mich verändern sich in einem Maße und einer Unignorierbarkeit, daß ich mich, ohne mich zu bewegen, nicht mehr heimisch fühle. Ich denke, es ist das, was die meisten empfinden, die gegen den Bau von Moscheen sind: Das Sich-fremd-Fühlen am angestammten Ort. (Zu Ihrer Beruhigung: Ich bin nicht dagegen, wenn auch nur deshalb, weil ich es ignorieren kann und mich nicht in meiner eigenen Heimat fremd zu fühlen brauche deswegen) Genauso fühle ich mich fremd am angestammten Ort, wenn die Kinder als Fledermäuse um Süßigkeiten betteln. Ich will das nicht. Es gehört hier nach meinem Gefühl nicht hin. Bei rationaler Betrachtung muß man natürlich einsehen, daß Heimat nichts ist, was irgendeiner besitzen kann. Wie die Verhältnisse an irgendeinem Ort liegen, bestimmen viele. So ist es nun einmal. Aber für einen stockkonservativen und überdem noch wölfisch territorialen Menschen wie mich ist das schwer zu ertragen.

Die dritte Komponente dieser Abwehr hat tatsächlich etwas damit zu tun, daß Amerika für mich der Feind ist, oder sagen wir: Derjenige Teil Amerikas, der sich für den Nabel der Welt hält und glaubt, die (aus seiner Sicht) Peripherie mit seinen Segnungen, von McDoof bis zu den Simpsons oder eben Halloween beglücken zu müssen. (Schlimm genug, daß sich die meisten tatsächlich davon beglücken lassen). Auch dies kein Argument: Nur der Zorn auf den Anspruch kultureller Hegemonie. Das gleiche empfinde ich übrigens, man möge mir verzeihen, gegenüber Berlin.
Man kann über diese Dinge schlecht diskutieren. Man kann nur den eigenen Standpunkt klarmachen und versuchen, so weit es geht, weitere Geländeverluste zu vermeiden.
enhyloi - 15. Okt, 23:34

Ja, ich kann Ihre Gefühle auch wirklich nachvollziehen! Keine Sorge. Ich bin selbst zwar anders - hetze nicht jedem neuen Brauch nach, aber baue meistens auch keine Abwehr auf, habe aber einen Menschen geliebt, der haargenau gedacht hat/hätte wie Sie. Deswegen verstehe ich es und möchte Ihnen auf keinen Fall diese Gefühle abspenstig machen! Derjenige, welcher eben genannt wurde, ist übrigens inzwischen: Berliner... Ihre Gefühle gegen Berlin sind interessant, weil es mir, die ich hier wohne, überhaupt nicht so vorkommt, als würde Berlin eine Art kulturelle Vorführfunktion haben. Ich empfinde hier eher (immer noch) die Wirkung des guten Spruchs: Jeder nach seiner Fasson.

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