Montag, 1. November 2010

Allerheiligen

Und der Teddy am Rand des schwankenden Lichttümpels der Kerze, und das Kreiseln der Flamme, und wie sich das in ein Kreiseln der ins Enge, Umgrenzte der eigenen Schrittweite eingefaßten Dunkelheit übersetzt, an deren Rand der kleine Teddybär, mit Wollmützchen und einem roten Halstuch, der Glanz in den Kunsstoffaugen beinahe lebendig, in diesem vor- und zurückspringenden Zucken sich zu bewegen scheint, wenn man nicht genau hinsieht, sondern knapp und wie absichtslos daneben, auf die frischen Blumen, das Feuchte der im Kerzenschimmer verfälschten Farben, die Pflanzengattungen nur durch ihre Form kenntlich, und wie die Schrift auf dem Stein so ist wie immer, fremd, aber nicht abweisend, höchstens den Anschein von schamhaftem Vorwurf vermittelnd, der an mich, den Unbeteiligten geht, und warum ich denn so oft hierhergekommen bin, um mir am Zeugnis fremden Leides einen wohltuenden Schauer zu holen? Aber vielleicht stimmt das gar nicht, oder doch, oder halb: Der Schauer tut wohl, aber es ist ein Schauer des Trostes, widersprüchlicher Besänftigung, die ich, wer wollte sie jemandem verweigern? aus Licht und Teddybär beziehe (manchmal ist es auch ein verkitschter Engel, manchmal haben die Figuren ein Schneemützchen, stets sind die Blumen frisch, einmal habe ich eine halbe Stunde lang einer Amsel zugehört, niemand war außer mir auf dem Friedhof), und daraus schöpfe, daß da jemand tapfer gedenkt, und daß die Liebe, die sich da in Blumen und Teddy und Engel zeigt, ebenso wahr ist wie der allzu frühe Tod der unbekannten Jennifer, und dieser Gedanke bringt mich von den trauernden Liebenden zurück zu dem fremden, ewig neunjährigen Mädchen, an dessen Grab ich manchmal verweile zum Stillsein und Nachdenken und widersprüchlich Tröstenlassen, um dann still und leise wieder zu verschwinden, ein vorübergehender Eindringling, der niemanden stören will und gleich wieder weg ist, und ich denke, sie hätte gewiß nichts dagegen.

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