Sonntag, 22. Mai 2005

...

Nun bin ich auf mich selbst geworfen, nun hat sich der Abend verwandelt, er ist lastend und sperrig meiner geworden, mir allein zuteil, was soll ich mit dieser Masse an Zeit?, und nun spiegeln die Stunden mir meine Vergänglichkeit, meine Sehnsüchte und auch meine Blindheit wider.

„Dann sehen wir uns also heute nicht?“ hab ich gefragt, und meine Stimme hat sich ganz klein angehört. Vernünftig, natürlich. Und was hätte ich denn auch von einer Sosiglaúke, die mürrisch und unzufrieden und todmüde ist und sich unwohl fühlt, weil sie lieber allein wäre. Nur weil ich anders bin, und es deshalb nicht verstehen will. Als könnte ich nur verstehen, was mir auch so geht … Nur weil ich selbst, müde nach Hause kommend, nichts lieber täte, als mit der Liebsten, und dann neben ihr einzuschlafen. Von ihr entmüdet und wieder müdgemacht. So. Aber die Menschen sind unterschiedlich.

In solchen Momenten fühle ich, will ichs will ichs nicht, eine gewisse Hilflosigkeit. Ich komme mir in meinen Vorstellungen ichverpflichtet, ichbeschlossen vor, und doch sind es die Bedürfnisse, die ich selbst an Stelle des anderen – und auch ihre Stillung vom andern einfordern würde ich.

Dann will mir aufgehen, wie allein wir doch alle wirklich sind, und was es für ein Glück bedeutet, wenn einmal sich das eine mit dem anderen berührt und zum Einklang kommt und eins miteinander wird in einem Zauberaugenblick, einer Wunderstunde. So etwas hat es gegeben, gerade erst …

Wie viele Wunderstunden mag es noch geben, für mich, für sie, für irgendwen? Ich denke, daß die Zeit unaufhaltsam verinnt, das süße Leben. Das wird immer deutlicher, klar.

Dann denke ich viel über früher nach, als die Zeit überreichlich da war und vom Fließen nichts zu merken, und jeder Augenblick so süß, wie wenn das Glas Wein noch ganz voll ist.

Dann auch denke ich, daß die Dinge immer komplizierter geworden sind. Wieso sollte ich nicht glauben, daß sie noch komplizierter werden? War ich es, der sich keine Gedanken machte, alles für einfach hielt und sich selbst für den Größten? Vielleicht ist es das. Irgendwo zwischen hier und der Stadt am Ende des Jahrtausends und wieder hier muß mir dieses unerschütterliche Selbstbewußtsein abhanden gekommen sein, und nun bin ich nichts als ein Bündel Fragen, und ein Wort, ein Blick, der alberne Artikel einer Frauenzeitschrift, ein Gespräch am Nebentisch, eine Diskussion im Netz werfen mich in komplette Verwirrung und unabschüttelbare Selbstzweifel. Hab ich mich all die Jahre getäuscht? War ich gar nicht so toll? Ließ man es mich nur fühlen, damit ich zufrieden sei, weil man meine Eitelkeit bemerkt hatte?

Oder habe ich mich verändert? Bin ich vielleicht so geworden, daß meine Selbstzweifel jetzt wirklich gerechtfertigt sind? Hatte ich sie früher nicht, weil sie unbegründet waren, waren? Und jetzt sind sies nicht mehr?

Auf mich geworfen, plötzlich unausweichlich und unablenkbar allein mit meinen Sehnsüchten, meiner Blindheit, meiner Vergänglichkeit. Wie soll das alles werden. Reicht denn, das beste zu wünschen für sich und den andern? Was ist mit den schweren Zeiten? Und warum schreckten sie mich früher nicht, die schweren Zeiten? Warum hab ich jetzt Angst, nicht wach genug zu sein für sie, woher die Sorge, ich könnte ihr nicht guttun? Früher tat ich gut, klar tat ich das, ich war schließlich der größte, ich war der Held. Der Retter, der, auch wenn er nicht viel helfen konnte, so doch darin half, daß er da war.

Wie konnte ich so unumstößliche Gewißheiten über mich selbst haben?

Allein mit meinen Sehnsüchten. So allein wie ich es früher bei dieser Gelegenheit nicht gewesen wäre.

Eine Unruhe packt mich beim Gedanken an ihren Schoß, wie ich sie noch nie so erlebt habe, und dabei ist es nicht das Verlangen, das diese Unruhe auslöst. Das Verlangen ist da und es ist schön, selbst noch im Ungestilltsein, in der Erwartung. Die Unruhe kommt nicht daher. Etwas quält mich, und ich kann es für einmal nicht benennen. Sie soll wissen, was für ein Sinnenrausch das für mich ist, ihre Lilie zu küssen, was es mit mir macht … und ich bange so darum, daß sies auch so schön finde, daß sie es mich für und für tun lasse, weil sie es selbst will. Daß wir beide verrückt danach seien und entzückt, und im Vertrauen, daß jeder für sich es im Rausch erfährt: sich hingeben. Es ihr erklären, es ihr beschreiben … aber wie könnte, wie sollte – wo gäb es denn Worte dafür? Was für ein Weg ist vom einen zum anderen? Ich habs nicht versucht, weil es sich so albern anhörte, und meine Stimme, sie wäre wieder ganz klein.

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