Sonntag, 2. April 2006

hernia

nachdem mir meine hausärztin in den schillerndsten farben die zu erleidenden schmerzen ausgemalt hatte:
„sie werden natürlich innerlich schmerzen haben, ganz klar, es wird spannen, sie werden das gefühl haben, der bauch ist zu eng, es wird beim bewegen ziepen, sie werden das gefühl haben, daß sie da statt zwei kunststoffnetzchen zwei wackersteine eingesetzt bekommen haben … da werden sie froh sein, noch nicht sofort nach hause zu müssen …“
nachdem mir also meine hausärztin vorgeschwärmt hatte, wie toll das alles sei, nicht ohne nachblutungen zu erwähnen und erschöpfend auf die drainageschläuche einzugehen, war der ton im krankenhaus selbst sehr entspannt. der arzt und ich plauderten, während die schwester meine armvene perforierte („geht das im sitzen oder kippen sie?“).
der arzt war sehr lustig („dort werden sie dann noch rasiert … also nicht im gesicht, falls sie jetzt denken …“), die schwester, die mir blut abnahm, nicht weniger. der arzt erklärte mir, was ich schon x-mal in den letzten vierzehn tagen gehört und gelesen hatte, es würde der bauch mit Kohlendioxid aufgepumpt (wußte ich schon), eine kamera und zwei geräte eingeführt (wußte ich schon) ein kunstoffnetz am bauchfell festgetackert (der ausdruck „tackern“ war neu) und auch am schambeinknochen (die information „am schambeinknochen“ war neu). auf meine bange frage, wie ich mich nach der op fühlen würde, antwortete der arzt grinsend, langfristig gut.
und kurzfristig?
der arzt zögerte. nun, unmittelbar nach dem aufwachen sei ich zu benebelt, um irgendwas zu spüren, begann er vorsichtig. die schwester aber verdehte mitleidsvoll die augen, während sie ein röhrchen an der kanüle wechselte.
„aber dazwischen … !“ stöhnte sie und schüttelte, schwach seufzend, den kopf.
der arzt führte dies genauer aus:
„dafür, daß sie zwei postkartengroße wunden im bauch haben werden, so etwa“ – und er machte mir dies anschaulich, indem er mit einer handbewegung eine ungefähr einen quadratmeter große fläche abgriff – „dafür also wird es ihnen vergleichsweise gut gehen.“
die schwester zog die kanüle heraus und ich eine grimasse. „mal eine weile fest drücken. so ist gut.“
ich fühle mich schon jetzt gut aufgehoben.

...

und ich bin wieder geneigt zu denken: wenn ich DAS erst nur hinter mir hab …

aber und dann? ja, was ist dann? warum vermeine ich, dann glücklich zu sein, wenn ich VORHER doch auch nicht …

es poltern dann doch wieder die luxusmelancholien los, der künstlerschmerz, der kunst-schmerz, das leiden aus plastilin. es bekommen doch die verluste, die ängste, der liebeswunsch wieder ihre frischen farben, chamäleonblaß, wie sie jetzt sind. haben sich getarnt, glauben, ich sähs nicht.

und ich sehe es wirklich nicht, jetzt. glück als schiere erleichterung. glück als NICHTS VOR SICH HABEN. glück als das freisein von unglück oder schmerz. wie lange hält das?

„irgend etwas ist immer“

und dann: irgendwann kommt es ja doch noch einmal auf einen zu, mindestens. das größte ereignis. wie kann man sein leben wohlgeordnet und glücklich damit zubringen „istjanochzeit“ zu sagen, und es dabei nicht einmal zu denken?

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

Epistolae electronicae:

talapenthea_thymon ad hotmail punctum com

Spurensucher

 

Web Counter-Modul


Marbach

Dieses Weblog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.

Metron ariston

Pflichtnennung


Als wären nicht zweimal die Kräfte
An habent et somnia pondus
Astartes Lächeln
Colourless green ideas
Daß alles für Freuden erwacht
Dem geschah auch Lieb durch Liebe nie
Die Stadt am Ende des Jahrtausends
egregie dicta
Fasti
Flaschenpost
hemerolog
In Nemore
Logolog
Ludus Latinus
Mores Ferarum
Nicht mit gar zu fauler Zungen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren