Montag, 18. Dezember 2006

Dafür nicht

"[...] Mich stört an einem Leben mit FrauHausKind, daß es ein millionenfach vorgelebtes, ein erprobtes Leben ist, ein Modelleben. Ich will kein Modelleben. Ich wollte, ich will, ein Leben leben, für das es kein Modell, kein Vorbild gibt. Ich will Räume aufstoßen. Ich will zerschneiden. Ich will Neuland betreten. Mit der Schreiberei ebenso wie mit meinem eigenen Leben. Als ich aus dem Zivildienst entlassen wurde, als ich von zuhause auszog, als ich anfing zu studieren, da war es ein Aufbruch. Eine Eroberung. Ein Ergreifen. Und ich konnte nie verstehen, wie es manchen nur darum zu gehen schien, anzukommen: bei einem Job, einem Partner, bei Kindern, beim Eigenheim. Dich mit eingeschlossen. Wenn die ersten Freunde und Bekannten verkündeten, daß sie sich ein Auto gekauft, geheiratet, Kinder bekommen hätten, habe ich oft gedacht: War es das? Doch wohl nicht! Dafür sind wir nicht aufgebrochen. – Und jetzt frage ich mich: Wofür dann? Ich weiß es nicht. Jedenfalls nicht, um in der PR-Agentur eines Megaunternehmens zu landen, bitte um Verzeihung. Ich habe Dich einmal gefragt, warum Du es denn so eilig habest mit dem Studium. Ich ließe mir doch auch Zeit. Du sagtest, bei mir sei es etwas anderes, Du aber wollest in die „freie Wirtschaft“. So drücktest Du Dich aus. In die „freie Wirtschaft“. Es klang nicht wie „Freiheit“. Es klang wie „freie Wildbahn“. Ich verkniff mir damals die Gegenfrage. Sie hätte gelautet: Und warum studierst Du dann Germanistik? – Ich konnte (und kann) mir einfach nicht vorstellen, warum jemand so etwas „Schönes“ wie Germanistik studiert und dann aber nicht auch etwas „Schönes“ damit anfangen will, wobei ich die Erklärung, was denn etwas „Schönes“ sei und wo man es ausüben könnte, schuldig bleiben muß.[...]"



nebenbei bemerkt nicht abgeschickt

auch wieder charakteristisch für Dich, und ich möchte es als weiteres zeichen von modelleben deuten: daß Du „fertig stellen“ schreibst, statt „fertigstellen“, mit dem vermerk, daß man letzteres „ja nicht mehr schreiben dürfe“. und „schade, nicht?“.
warum? in einem persönlichen brief, ich bitte Dich. hast Du sorge, durcheinanderzukommen oder durcheinander zu kommen? da war es schon wieder, kein widerstand, keine eigene stimme. sondern die stimme des man.
aber nein, meine adresse in griechenland hast Du immer translitteriert, das war Dir „zu blöd, fremde buchstaben zu malen“. wenn ich daran denke, daß auch Du linguistik studiert hast.

aber das schreibe ich Dir nicht. das ist nur fürs protokoll, das innere.



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