Die Stadt: Die Stadt
Der Fluß zog mich an. Immer wieder nahm ich den tropfnassen Pfad und stieg ans Ufer hinunter. Ich beugte mich über den Hauch, um abermals nichts zu sehen, als die drahtigen Verzweigungen der Bäume, die wie Wurfnetze unsichtbarer Spinnen über den Fluß gespannt hingen. Es gab da eine Bank, die, über den Dunst geheftete schwarze Fläche, fast in die Böschung hinunterzukippen schien, und so war auch die Sitzfläche geneigt, nach vorne zu, sehnsuchtsvoll zu den Nebeln über dem unsichtbaren Fluß, man konnte nur unbequem darauf sitzen. Die Bank sperrte sich gegen die Berührung, daß es sich anfühlte, als wolle sie den Ausruhenden von sich ab und in den Fluß hinunterwerfen, oder, kaum daß der Ermüdete eingeschlafen wäre, ihn langsam hinuntergleiten lassen. Manchmal stieg ein Vogel, ein Wirbel, eine Strömung im Nebel empor, Flügel klatschten, und ein kaum erahnter dunkler Leib streckte den Hals, gewann Höhe und verschwand im Dunst.
Es gab eine Stelle stromab, wo eine milchige Helligkeit jenseits des Wassers anzeigte, daß dort die Bäume fehlten und der Blick frei sein mußte auf die Felder der anderen Seite. Zu sehen war freilich nichts. Nur ahnen konnte man es, nur die Vorstellung kam von selbst. Manchmal ein Glockenton, manchmal ein Heranwehen von Geläut, das verschwebte, lauter wurde, leiser wurde, dem man nachlauschte, und das man noch zu hören glaubte, wenn längst nur noch Blätterflüstern, Gurgeln, Windsäuseln zu hören war. Wenn jenseits der Nebel die Sonne schien und das Läuten aus der Weite aufklang, war es, als könne man eine schimmerne Stadt sehen, die über nebelweißen Feldern schwebte, herbeigerufen von Glocken, oder den Klang selbst verströmend, hell glänzende Zinnen, Türme, Dächer und Giebel, flimmernd und gleißend in der Sonne eines fernen Mittags, eine Stadt der Träume, der Sagen, ein Vineta der Felder, so durchsichtig und fein, als wäre sie aus einem Himmelsstoff herausgemeißelt, aus dem Licht selbst geronnen und zu feinstem Gewebe gewirkt. Die Stadt schwebte, aber es war nicht zu sagen, in welcher Höhe: Oben lag eine Strahlenkranz um die Giebel und Turmspitzen, die Dächer schienen transparent zu leuchten, den Himmel in sich aufzunehmen und das neblige Blau in Mauerwerk und Holz und Ziegel zu verwandeln; darunter aber strömten Schatten hinab; das von oben her verfestigte, verstofflichte Licht erstarrte, wurde Gasse und Straße, wechselte mit Schatten und dunklem Torbogen, bis ganz unten, in den Gewölben und Hallen, den Wurzeln, dem Fels, die Strukturen ins Dunkel fortbrachen, in ein Dunkel, das nicht wirklich dunkel, sondern nur die gewöhnliche Helligkeit der sonnenbeschienenen Felder war. Sah ich von dort, wo Acker, Weg, Obstbaum und Rebhuhn waren, wieder hinauf zum Licht – so war die Stadt, oder was immer ich zu sehen geglaubt hatte, verschwunden, und nur der Himmel strahlte und blinkte einen Augenblick, ehe ihn die Nebel wieder einholten und erlöschen ließen.
alsos,
diese stelle funktioniert für mich nicht, da hier der glockenton irgendwie sehr außen vor bleibt. es wir ein glockenton dem geläut gegenüber gestellt - so muss man den satz lesen - doch geschieht nichts mit ihm; das 'verschweben', lauter & leiser werden etc kann man ihm durch die satzstellung nicht zuordnen.
- - -
zum rest mag ich nicht viel sagen, außer dass ich schon etwas geduld haben muss, um mich hierdurch zu lesen.
s.gruß. jl
Niemand zwingt Sie zum Lesen, außer der eigenen Neugier: Wenn die aber größer war als Ihre Ermüdung und schließlich so groß, daß Sie bis zum Ende durchgehalten haben, verbuche ich das als großes Lob. Vielen Dank!
natürlich zwingt mich niemand, ich folgte, wie Sie sagen, der eigenen neugier und einer empfehlung. es ist schon sehr lesbar geschrieben, nur ist es nicht ganz die prosa, wie ich sie bevorzuge.
jl