Wem nie durch Liebe Leid geschah

Montag, 28. Februar 2005

Aufarbeitung (2)

Diese Sehnsucht und Gier wird doch wieder nur dazu führen, daß ich nicht wähle, sondern daß es die erstbeste wird. Wie schon E. die erstbeste gewesen ist – um sich dann auch als die erstrichtigste zu erweisen, bis auf jene klitzekleine wichtigste Kleinigkeit, manche sagen auch: Nebensache, der Welt.

Wenn auch dies gestimmt hätte und wir darin überein – wo wäre ich dann jetzt. Noch zermalmter, als ich es so schon bin.

Aufarbeitung (1)

Ich gewöhne mich. Ich wage, mich ohne sie, sie ohne mich zu denken. Das geht schon ganz gut. Wieder einmal bemerke ich meine starken und schnellwirkenden Selbstheilungskräfte. Dennoch liegt mir der drohende Tag im Magen, an dem E. mehr nicht nur verliebt, sondern auch zusammen sein wird, mit dem Großbuchstaben-Ihm. Dem Andern eben, der nicht mehr ich bin.

Ich komme leichter über alles hinweg, wenn ich zu denken wage: Auch du hattest deine Zweifel. Auch ein Teil von dir wollte nicht mehr. Auch du gucktest wieder hin und vergucktest dich. Auch du wolltest dich schon trennen, oder sahst das als einzigen Ausweg. Freilich kann auch ein Trennungswunsch ein falscher Wunsch sein, der schadet oder blindlings wütet -- ohne zu begreifen. Aber er war da, der Wunsch, in Kauf nehmend.

Samstag, 13. November 2004

Zu spät

So, jetzt bin ich dran mit den kleinen schiefgehenden Dingen. Habe ich zu lange gewartet, war ich nicht hartnäckig genug, hätte ich einfach darauf bestehen sollen? Oder war es ohnehin eine Schnapsidee? Und warum ist diese kleine schiefgeratene Geste, dieses klitzekleine Mißlingen jetzt so ungeheuer bedeutungsvoll für mich? Ist es, weil ich stets in Symbolen denke? Ist es, weil ich zu glauben bereit bin, daß damit selbst dieser Nachmittag in ein Licht der Vergeblichkeit getaucht ist, das diese Stunden vom Jetzt wegbrechen läßt wie eine morsche Brücke? Ist es das? Oder benehme ich mich jetzt fürchterlich kindisch? Ja, wahrscheinlich tue ich das. Aber das ändert nichts.

Tief luftholen und sich selbst zur Vernunft rufen. Es geht vorbei. Und dann wird es mir so albern vorkommen wie es tatsächlich ist.

Donnerstag, 28. Oktober 2004

Wutimbauch

Töpfe klirrn, Schranktürn krachn zu, der Spülschwamm seglt, Spülnaß verschleudernd, ins Beckn, Tassn und Gläser scheppppern aneinander, das Handtuch klatscht mit Wucht und feuchter Wonne auf den Stuhl.

Scheiße.

Und ich merke, wie es sich langsam, aber stetig in mir zusammensammelt, das Himmelarschundzwirndonnerwetter, und wie ich so richtig und aufrichtig und geradeheraus stinkwütnd werde auf dies und das und auch jenes. Am meistn vielleicht auf mich selbst, daß ich Idioooot wieder einmal so unsäglich dumm war, blindlings und tapfer in die schönstn Hoffnungn hineinzusegln, ohne zu sehen, ohne zu fragn, ohne überhaupt irgendetwas wahrzunehmen außer meiner eignen Faszination, meinem eignen selbstbezüglichn –

Gefessltsein.

Ich will schon zu einer Replik ansetzn (Stoff gäbs genug), da kommts mir plötzlich unsäglich albern und kindisch vor. Und wie immer bei solcher Gelegenheit verkrieche ich mich in mein Schnecknhaus, heuchle Milde und Gleichgültigkeit, tue distanzierter als ich bin und halte mal wieder meine Klappe.

Alles andere wäre sowieso peinlich und dem ohnedies schon erheblich angeknack–stn Selbstwertgefühl in allehöchstem Maße –

abträglich.

Dienstag, 12. Oktober 2004

Trennung

Als ich zuletzt in dieser Wohnung war, leuchtete unten hellrot der Baum.

Es war alles anders. Nicht ich war derjenige, der Schmerz zugefügt hat. Diesen Schmerz tragen wir beide, und zu ändern ist da nichts. Es tut mir jetzt zwar weh, aber immerhin bin ich nicht der Bösewicht und Schmerzbringer, und niemand haßt mich oder ist befreiend-wütend auf mich.

Trotz all der Ichweißesnichts, die gestern zwischen uns hin- und hergingen glaube ich, sie weiß es ganz gut. Und ich eigentlich auch. Nur ist mir das alles merkwürdig zuvorgekommen. Und schlimm für mich ist, daß es nicht die Beziehung ist, an die ich nicht mehr glaube, oder die ich als unspannend oder ausgelaugt empfinde, sondern nur ein Klitzekleines, wenngleich sehr Wichtiges, wo ich Mangel fühle; sie aber ist vollkommen glücklich in diesem Klitzekleinwichtigen. Dort wo ich unzufrieden bin, ist sie beglückt. So daß sich unsere Zweifel an uns aus zwei ganz unterschiedlichen Quellen speisen. Und für mich ist es jetzt so, daß gerade das, was warm und stark in mir ist, unerwidert bleibt. Und ich fühle mich, obwohl ich es doch war, der verlassen wollte, jetzt selbst fürchterlich verlassen.

So fühlt es sich also an, dachte ich, so fühlt es sich an. Am Bahnhof langes händeringendes Warten, der Zug hatte Verspätung, dann kam er, dann stand er eine halbe Stunde und hatte „technische Probleme“; ich stand im überfüllten Gang und litt; es hieß, dieser Zug werde jetzt abgerüstet, und das Erlöschen des Lichts bedeute keine Gefahr. Ich dachte, daß das jetzt zum Lachen sei. Statt dessen dachte ich an E.s Lachen, an Vergangenes, das jetzt Geschichte war, Fahrten in die Eifel, Abende zu zweit, Kekskrümel im Bett, Kuchenbacken, Aufderterrassesitzen, Weisenkindervonnebenanbeobachten. Mir wurde mir ein bißchen übel. Dann ging das Licht aus, dann wieder an, und dann knirschte es laut im Zugdach, und dann gab es Hammerschläge, die sicher auch keine Gefahr bedeuteten, aber es gab keine Durchsage mehr, und dann ertrug ich es nicht länger und stieg aus. Wartete unschlüssig, immer und immer mit dem rohen Wüten in meiner Brust, während sich die Fahrgäste nicht entscheiden konnten, ob sie den nächsten Zug nehmen sollten oder weiter warten, und ein- und ausstiegen, bis der Zugführer einen Brüller losließ, man wolle jetzt abfahren, rein oder raus!. Plötzlich entschlossen ging ich fort. In mein Institut, dort noch ein Telephongespräch, danach war es viel besser. Später noch zu ihr, wo wir einen keuschen Abend mit noch mehr Gespräch verbrachten.

Es ist leichter jetzt. Aber die Unmöglichkeit ist schwer zu ertragen. Ich sehe aus dem Fenster, ehe ich, ich weiß nicht für wie lange, gehe. Blätter wirbeln wie Geistertiere über den Platz. Ersterben, bleiben liegen, regen sich wieder. Der Baum hat all sein Laub verloren in der Woche, in der ich nicht da war. Ich spüre mein Herz schlagen. Es schlägt und schlägt und schlägt, und es erscheint unbegreiflich, daß es jemals damit aufhören könnte. Und plötzlich bin ich sicher, daß der Baum da unten längst wieder frisches Laub haben wird, wenn ich das nächste Mal hier bin.

Montag, 4. Oktober 2004

E. kommt nach Hause

E. kommt spät von ihren Eltern zurück. Geht ins Bad, poltert darin ausgiebig herum, Nägelknipsen, dann Duschwasser. Dann noch mehr Poltern, Handtuchrascheln, Zähneschrubben.

Endlich neben mir. Zerknüllte Stirn, die geschürzten Lippen, von denen abzulesen ich gelernt habe: die Aufgewühltheit, den Kummer, etwas stimmt nicht.

Stille Tränen sammeln sich im Augenwinkel. E.s Brauen sind zusammengezogen. Eine Träne tropft über die Nase aufs Kissen. Braucht dafür quälende Ewigkeiten. Es ist das stille Weinen, das ich schon kenne, das mich nicht mehr aus der Fassung bringt, das sie ab und an braucht, auch wenn es schon lange nicht mehr war. Nur daß ich jetzt sofort zu bestimmten Gedanken hüpfe, wie seit langem. Ahnt sie etwas? Ist es jetzt soweit? Und wieder einmal verfluche ich mich, so lange geschwiegen zu haben. Alle wirbeligen Ereignisse der letzten Wochen und Monate schießen im Kopf hin und her.
Eine zweite Träne. Ein trauriges Lächeln. Noch eine Träne. Naseschniefen.

Endlich der Satz: „Ich muß mal ein bißchen allein sein“

Sieht gerade so aus, als würde ein schwerer, und wohl notwendiger Entschluß, zu dem ich mich nicht habe durchringen können, plötzlich für mich gefällt. Erleichterung? Es tut weh. Damit habe ich nicht gerechnet. Plötzlich sind alle Räume kalt und leer um mich herum. War der Himmel gestern auch schon so blank?

Sonntag, 22. August 2004

Zitat, vor Jahren gefunden

Wem nie durch Liebe Leid geschah,
dem geschah auch Lieb durch Liebe nie.

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

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