Donnerstag, 15. Dezember 2005

I

man muß sich nicht immer als reibefläche erweisen. es ist immer noch träumbar, sich unter die sonne zu beugen und sich so dünn zu machen, daß man zwischen zweimal luftholen weite räume aufstieße. träumbar, zu verschwinden in den spalten zwischen dem gras, oder in die poren eines steines sich aufnehmen zu lassen.
das licht ist ja unüberwindlich. die amselgesänge grausam und schön, und jahr für jahr kehren sie wieder. nur eines ist noch schlimmer als ein sieg, und das ist die niederlage. ich empfinde es als zumutung, daß ich sterben muß. es gibt nur eines, das schlimmer ist als sterblich zu sein, und das ist die unsterblichkeit.
es bleibt immer aufgabe: ins reine kommen mit dem eigenen. den finger befeuchten, in die träume halten und prüfen, wo das meer liegt.
sich verneigen gegen die richtung, in der einst das zu wagende lag und dreimal mutabor rufen.

...

s
o viel tagessteine und jahresringe ich mir auch angehäuft hab, zum blumenstolz meiner fußspuren, ich kann die stimmen, die

sirenenstimmen

nicht niederleben. doch auch das bescheidene wachs ist mir gällig, das machen, das machten andere zuhauf zuunwerthauf, das ist nicht meins, lieber, ja, lieber zerschellen und stolzes unglück tragen wie ein prachtgewand.
hab mich doch einst, wiedergekehrt aus der stadt am ende des jahrtausends, nach leidendem mute benamst. nun will ichs dulden.

immer mehr himmel fahren sich auf, und sind immer fremdere himmel. ich kehre zu den fernen inseln zurück, unerreichbar wie je, kythera, thule, ogygia, doch nun tragen sie andere masken vor den lieblichen gestaden. ich kenn sie ja gar nicht. selbst die phantome wechseln das antlitz. frei zu sein glaubte ich. nun hat mir ein dieb nächtens die träume gestohlen, sie weitergeschenkt, vergraben, in göttereschen gehängt, nun bin ich ohne sie frei. bin so schrecklich frei, daß ich gehen kann, wohinimmer ich will. ich schmecke den pollen, ich sehe die weite, ich verachte das wetter, ich stemme die wolken, ich höre die stimmen, neue und neue, ich muß es dulden.

auf dem weinfarbenen meer.

...

in den tiefen fältelungen einer lang nicht getragenen jacke: finde ich heute morgen unter vielen zetteln, leihquittungen der bibliothek im schumannhaus (mozart orgelwerke, vivaldi concerti grossi, widor orgelwerke), kassenzetteln von edeka (milch, pepperoni mild, hefe, mehl, wein) auch die quittung. café ehrenstraße. 02.01.2002. zweitausendzwei. ich muß nicht lang überlegen, ich gehe ja nie in cafés.
um mich ein bißchen selten zu machen, hatte ich das institut gemieden und die mail an o. von einem internetcafé aus geschrieben. bis zur verabredung hatte ich nun noch zwei, drei stunden zeit, die ich nicht wußte, wie füllen. was zu denken war, war alles bis an die grenze der angst gedacht, was zu hoffen war, gehofft, nun ging das bangen los, wohin mit all dem in den drei stunden, bis ich das jüngste vom tag zuvor (orgelflimmern im dom, seil ohne bahn, frühstück, dann die blaue kälte über den schnurgeraden wegen im königsforst, der mann mit dem opi-parfum, die getrennt frierenden handpaare) endlich o. würde erzählen können?
also ein café, ein beliebiges, und ich gehe ja doch nie in cafés, also egal. zum zweiten oder dritten mal in meinem leben mit der neuen währung zahlen. zuckerkrümel zählen. passanten beobachten. bang sein. hoffen. irgendwie ging es vorbei. las ich was? schrieb ich was? ich weiß nicht mehr wie, nicht einmal an das unangenehme, das zähe, wie es doch gewesen sein mußte, erinnere ich mich. die stunde kam, die stunde ging, ich zahlte in der neuen währung und ging hinüber zum neumarkt. damals fuhr die linie 16 noch nach mühlheim.

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

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