Donnerstag, 6. September 2007

...

Dem web-opac der Stadtbibliothek Bonn ist der Name Georges Perec nicht bekannt.




Mittwoch, 5. September 2007

Sommerepigramme (15)


Küß mich bei den Schatten, den staunenden Hölzern und Hagen.

Artemisia selbst zuckert die Keuschheit ins Heu.






Dienstag, 4. September 2007

Ein Anruf

Anruf von E.S. Plötzlich habe ich wieder ein anderes Leben gehabt, bin ich aus einer ganz anderen Richtung hierher gelangt. Es war ja nicht alles immer so wie jetzt. Und es kommt alles irgendwoher. Ein Geschmack, ein Duft flackert da auf, eine bestimmte Farbe, ein Ton über den Fenstern, der Geruch einer U-Bahnhaltestelle, der Klang einer Balkontür. Merkwürdig. Man verliert so viel aus den Augen, treibt, läßt sich treiben, wacht morgens auf, und noch einmal und noch einmal, und dann kommt ein Anruf und man stellt verblüfft fest, man hat es schon vergessen, und keine zwei Atemzüge dauerte es, um lange her zu sein. Als wäre ich nicht, jetzt, wo ich dies schreibe, bedingt und geformt auch von diesen Jahren, und von denen davor und davor … von den Jahren, aus denen mich dieser Anruf erreicht, die doch so viel näher sind als die ganz frühen. Als sei ich nicht ihnen verdankt, den Wurzeln: Nie ist man vollumfänglich man selbst, nie ist man in einem Augenblick und Gedanken die ganze Geschichte, die um sich selbst weiß.




Jubiläen

Soll man sich darüber ärgern, daß der 100ste Todestag eines berühmten Komponisten, dessen Namen sogar eingefleischte Popmusikkonsumenten nicht unbekannt sein dürfte, dessen Melodien so manchen Werbespot zieren und auch in der schillernden Welt der Klingeltöne ihren Platz gefunden haben – soll man sich ärgern, wenn der Geburtstag dieses Komponisten in den Medien nicht begangen wird? Soll man sich wieder einmal voll Ärger an das sogenannte Mozartjahr erinnern und an die Stimme K-M Brandauers, wie er in Salzburger Vokalfärbung Mozartbriefe verlas? Soll man wieder zur Feder greifen und E-Mails an den WDR oder sonst irgendeinen Radiosender schreiben, in welchem man sich bitter beschwert über die Schräglage, die sich aus dem Gegensatz von Rummel (Mozart) und Schweigen (alle anderen großen Tonsetzer) ergibt? Soll man darauf hinweisen, daß wir in der letzten Dekade ein Schubertjahr (*1797), ein Sibeliusjahr (†1957), ein Brahmsjahr (†1897), ein Bellinijahr (*1801), ein Verdijahr (†1901), ein Schostakowitschjahr (*1906) hatten, den diesjährigen Jubilar nicht mitgerechnet? Natürlich ist es kein Verlust, daß man darauf verzichtet hat, Brahms’ Briefe im Radio zu verlesen; aber ein bißchen nachdenklich stimmt es schon, daß ein einziger zur Ikone erhoben wird, während die anderen nicht einmal erwähnt werden. Obwohl sie für eine alberne Bierwerbung dann doch gut genug sind.
Nein, ich laß es bleiben. Ich werde diesmal nicht schreiben. Sollen doch alle bei ihrem Bier und ihren Klingeltönen bleiben und glücklich werden.

Montag, 3. September 2007

Sommerepigramme (14)


Blick übers Feld. Auf holprigem Wege stolpern die Blicke.

Tagschweiß, ein Nicken, sie lacht. Nacht läßt die Kronen erblühn.






Freitag, 31. August 2007

Akuphänomenologie

Ein andermal las man in einem aus dem Französichen übersetzten Roman das Wort Akuphäne. Dem Leser völlig unbekannt, sortierte er es in Anbetracht des engeren Kontextes in die Kategorie „Fachw. med., seltene Hörschädigung“ ein und schrieb sich selbst die Schuld an seiner Ignoranz zu.
Der Versuch, mittels Wikipedia hinter das Geheimnis dieses merkwürdigen Malheurs zu kommen, zeitigte keine Ergebnisse; auch Suchmaschinen waren ratlos. Man versuchte es daraufhin mit alternativen Schreibungen. Da das Buch zuerst auf Französisch erschienen war, lagen Acuphaine oder Acouphaine nahe. Tatsächlich spuckte die französichsprachige Wikipedia einen langen Artikel aus, dessen Sinn sich dem Leser aber infolge mangelhafter Französichkenntnisse erst nach Stunden der wörterbuchunterstützten Entzifferung erschlossen hätte. Glücklicherweise gab es von dort wieder einen Link auf die deutschsprachigen Seiten. Man folgte ihm, und was bekam man da zu lesen?
Tinnitus!
Mit anderen Worten: Acouphaine ist das gar nicht rätselhafte, gewöhnliche Wort, mit dem der Franzose das Ohrenklingeln bezeichnet.
Naiverweise war man bis dato immer davon ausgegangen, daß ein Übersetzer, wenn er ein Wort nicht weiß, ein Wörterbuch konsultiert. Diese Ansicht mußte nun revidiert werden. Man schlägt nicht nach, man bastelt einfach ein unverständliches Kunstwort.
Das auf derselben Seite begegnende Zakuskis mußte ein Rätsel bleiben.




Sind ...

... "katzenbilder" eigentlich sprichwörtlich, und hab ich da mal wieder was verpaßt?




Donnerstag, 30. August 2007

B minor mass

Einen wimpernschlagkurzen Moment war man verblüfft und hoffte schon auf ein bis dato unbekanntes Werk des Altmeisters, als man in einem Band Kurzgeschichten von J. G. Ballard auf Bachs „B-moll-Messe“ gestoßen war.




Mittwoch, 29. August 2007

Sommerepigramme: Schnecken (13)


Über den Gräbern ihr Weg, die Inschrift benetzt von den Häuten

Zärtlich nach felsigem Sinn strecken die Fühler sie aus.





Dienstag, 28. August 2007

Noch mal WDR3

Bei der Gelegenheit hätte ich eigentlich noch anfügen müssen, was mir schon lange auf dem Herzen liegt, seit etwa zehn Jahren. So lange ist es nämlich her, daß der Sender WDR3 eine umfassende Programm- und Strukturänderung vorgenommen hat. Und seitdem vermisse ich schmerzlich die Sendung Landwirtschaft heute („Die Sendung über Nahrungsmittel für morgen“), die Erkennungsmelodieen für die Sendungen Mosaik und Klassikforum, die heutigentags leider durch grauenhafte Jingles (oder wie das heißt) ersetzt sind; vermisse weiterhin die Wetterdaten („… in Bad Lippspringe 15 Grad und auf dem Kahlen Asten 9 Grad“) und die kleine Pause zwischen den Sendungen („da didadi da di da daaaaaa … da didadi da di da daaaaaa“).
Damit würde ich aber kaum auf Verständnis stoßen. Man würde sich an die Stirn tippen und vermuten, daß ich vom Mond bin.
Womit man zweifellos recht hätte.




...

Englisch ist besser, und wenn es kein Englisch ist, dann soll es wenigstens so klingen.




Montag, 27. August 2007

Broker Area

Sehr geehrte WDR3-Redaktion!

Auch wenn eine solche Korrektur an Pedanterie grenzt, scheint es mir angesichts der völlig kopflosen Anglophonisierung der Welt angebracht zu sein, darauf hinzuweisen, daß das sogenannte Broca-Areal, ein Bereich im menschlichen Gehirn, der für bestimmte motorische Aufgaben und sprachliche Verarbeitungs- und Produktionsprozesse zuständig ist, seinen Namen dem Franzosen Paul Broca, dem Entdecker dieser Hirnregion, verdankt. Infolgedessen erscheint es mir fragwürdig und eine in vorauseilendem Gehorsam vollzogene Verbeugung an die Hegemonie des Englischen zu sein, wenn in der heutigen Buchbesprechung in der Sendung Mosaik gegen halb acht der Sprecher wiederholt von der „Broca Area“ redet, wobei er das ausspricht, als solle so etwas wie der „Bereich des Börsenmaklers“ dabei herauskommen, also etwa Broker Area. Ich frage mich, wie man darauf kommt, den in einem auf Deutsch verfaßten Buch vorkommenden medizinischen Fachterminus, der auf einen französichen Arzt zurückgeht, ausgerechnet Englisch auszusprechen: Ist Fachchinesisch, dann wird es ja wohl Englisch sein? Im übrigen wird in der deutschen Fachliteratur, so weit ich sehen kann, nicht von der Broca Area, sondern immer nur vom Broca-Areal gesprochen. Beobachtungen wie die von heute Morgen scheinen mir auf einen sprachlichen Reflex hinzuweisen, der mehr noch als das ubiquitäre Lehngut die Dominanz des Englischen dokumentieren kann. Einen französischen Namen englisch auszusprechen, ist jedenfalls typisch für eine Zeit, die sich lieber eine BahnCard leistet und walken geht, als eine Ermäßigungskarte zu haben und zu marschieren, und der für das Mobiltelephon keine elegantere Bezeichnung als Handy hat einfallen wollen.

Hochachtungsvoll,


Ihr T. Th.




Kreuzberg--Bad Breisig

Bald sieben Stunden gelaufen, von Kreuzberg nach Bad Breisig, über den Höhenrücken zwischen Ahr und Kesselinger Tal, erst Wald, dann Wiesen, schwammige Sonne zwischen Quellwolken, das Wetter hielt; hinunter nach Ramersbach, dem Kühle versprechenden Geplätscher widerstanden und nur die Blicke übers Drüsige Springkraut ins Wasser gleiten gelassen; über Vinxt straßweise inmitten schwirrender Krafträder nach Königsfeld, dann an den fliegenverkrusteten, sanften Blicken brauner Färsen vorbei und blickauf zu einer Wiese, wo ein Schäfer in einer bukolisch modulierten Stimme seine Herde den Hang hinaufrief, weiter über verkotete Wege zum Leyenhof, wo mich drei Hunde ausbellten, die ich scharf zurechtwies; eingetaucht in den Sinziger Stadtwald, schrundiges Vorjahreslaub, milchig gestreute Sonne, die in ein graues Leuchten überwechselt, Wolken jenseits von Linde und Hainbuche, irgendwo voraus eine ansteigende Lärmwoge, wo der Wald enden muß; am Rand einer sumpfigen Lichtung einen Gedenkstein aus der Nähe betrachtet, ein Sandsteinblock mit einer darauf festgeschraubten Glasplatte; zwei Namen; „zum Gedenken“ (weswegen? wofür?); Mich gegen den unter einem Hochstand abzweigenden Weg entschieden, fehlgegangen, eine Kröte photographiert, dem Lärm entgegengetaumelt und unter der Autobahn hindurchgeschlüpft nach Franken; zum Flugplatz war es noch einen Kindergeburtstag weit, schrille Buntstiftstimmen im Wald, träge schwankende Mütter mit den Händen resolut auf der Hüfte, und über der Wiese nahebei entschwebte ein Gasballon mit Grußkärtchen, überm Segelflugplatz ein Anschleppseil am Fallschirmchen. Niemand achtete auf das eine oder das andere. Waldrainig eine letzte Rast, nachmittägliches Sonnenspiel zwischen Baumreihen betrachtet, die so aussahen, als verberge sich hangobers eine Ruine oder mindestens ein altes Herrenhaus dahinter. Ahnungen von rostrotem Geländer, überwucherten Balustraden. Eine Frau winkt aus einem Fenster. Ein Brief. Ein Gemälde …. – Abgeschüttelt, aufgebrochen. Bei fünf Wegen auf der Karte und zwei in der Wirklichkeit herumgeirrt, gleich spricht er mich an gedacht, angesprochen worden, na, haben Sie die Orientierung verloren?, mit den Achseln gezuckt, aufs Geratewohl gewählt und fort, schnurgerade abermals durch Wald, unter Häherschreien, dann in Schlangenwindungen hinab, wo der Rhein zum stolpern nah durch die Stämme schimmerte, ein Kirchturm zwischen die Bäume emporwuchs aus der belebten Tiefe; gerade rechtzeitig zum Bahnhof gelangt, fußmüde und verschwitzt. Gesprächsfetzen, eine jüngere Frau neben einer Greisin auf der Bank, die zerklüfteten Hände geborgen in den jungen, „Ist das auch kein Unmensch?“ – „Nein, das ist ganz bestimmt kein Unmensch.“ Hemd gewechselt, eine Limonade aus dem Automaten gezogen, „Ja, hallo, hier ist die Gerda, deine Mutter ist hier am Bahnhof, und …“ In die dunkle Kälte des klimatisierten Wagens gestolpert, in den Sitz geplumpst, Beine ausgestreckt und, die Limonadenflasche an den Lippen, mich nach Bonn tragen gelassen.




Sonntag, 26. August 2007

Sommerepigramme (12)


Wortlos der Staub. Die Pfauen sind müd. Übern Zaun schauen sanfte

Augen der Io, umringt zuckend von schwarzem Geschmeiß.






Donnerstag, 23. August 2007

Blatt

Ein leiser knall in der morgenfrühe, die sich selbst noch nicht wiedererkannt hat, so liegt es beim aufschließen vor dem fuß, das blatt, rot, gesprenkelt von feinsand, aller botanischer namen ledig, ein rundes oval verästelter farbe. voll schärfe spaltet es die nachbildungen des steins; wo sein licht nicht hinfällt, wird es schlagartig herbst in den läden und buden. gierig hat es vom regen genommen; jetzt ist es satt und verfärbt von wonne und wahrsagen und leuchtet mit filigranen dämmerungen sein asphaltenes bett aus.




Mittwoch, 22. August 2007

Sommerepigramme (11)


Nacht ist Mutter und kronenweise hinab in die Ströme

drängt sie zur Böschung das Licht, zärtlich, mit seidigem Schlag.






Dienstag, 21. August 2007

Plötte

Es sind dies tage, da ich mir den anschein von glück über die schultern hänge, wie einen abgetragenen mantel, im futter den duft von schlittenfahren und reisen. gemäß dem grundsatz, daß es immer besser ist zu handeln als nicht zu handeln, handele ich: und entgehe damit dem schreiben und der frage, wie die choreographie meiner figuren endlich so aufzuziehen ist, daß alles im lot und gefügt ist und die zwickmühlen feinabgestimmt und unausweichlich sind. Und wie das alles nicht um der verwicklung selbst willen eingefädelt sein könnte, sondern aus einer inneren logik heraus.
Und so tue ich eben weiter: nichts. Gehe schwimmen, gehe wandern, hier ein gespräch, hier eine radiosendung, die stiefel riechen nach wärme, der mantel duftet nach wald, so plätschern die tage dahin. Handeln, um sich nicht der unangenehmen tatsache stellen zu müssen: Ich bin ein ganz mieser choreograph, der an der linearität klebt wie eine motte am leim. ein zweidimensionales wesen, kann ich mir die vielen bunten mehr- und höherdimensionalen räume wirklich kunstvoller plots (ich bin in versuchung, den plural plötte zu bilden) nicht einmal vorstellen, geschweige denn mich darin bewegen. Ist so etwas am schreibtisch ersitzbar? Oder bin ich gut beraten, einfach weiter zu ruhen, zu wandern und zu träumen und auf den blitzhaften einfall zu hoffen?
Gibt es eigentlich so etwas wie eine morphologie, so etwas wie eine syntax möglicher geschichten?




Freitag, 17. August 2007

Sommerepigramme (10): Sandkastenliebe


Schimmel, Rost und Wäsche, das Kühle reifender Äpfel –

Trat man wieder hinaus, blieb noch der Schatten im Haar.






VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

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