Dienstag, 24. Mai 2005

die liebe als handeln

Baumgestützt neigen sich die Wolken aus Himmeln, die sich entziehen. Emsiges Geflatter geht in den Kronen um, und die Pfützen spiegeln es nachdenklich wieder. Das Wasser bekommt eine Gänsehaut, und man weiß nicht, war es das Licht oder die Kühle des Windhauchs? Man kann die Fahrzeuge räuspern hören, Staub verwirbelt unter geöffneten Fenstern, und es ist, als gingen die Menschen nicht auf ihren eigenen Beinen, sondern auf geliehenen, oder solchen, die einen eignen (sich entziehenden, geheimen und unergründlichen) Willen haben.

Das sind die Gegebenheiten, eine gemeinsame Welt, der Regen gleich für uns beide, doch da fängt es schon an. Teilen ist ein schönes Wort, leicht fällts indessen nicht. Was kann man nicht alles teilen, Freud und Leid, Meinungen, Brötchen, Staaten, Ansichten, Budgets, Geheimnisse, Festplatten, Arbeit, Erfahrungen, Zeit, Atome, das Leben gar. Da stehen wir nun, wir zwei, und teilen uns, ob wirs wollen oder nicht, die Welt.

Ob hier, ob da, ob Flüsse zwischen uns brausen oder die Räume unwirsch klaffen mit verregneten Bahnhöfen, die die Strecken noch länger machen als sie schon sind; oder ob uns nichts trennt weiter als unsere verschwitzte Haut und das Pochen des andern Herzens; ob uns Freundesgebraus umgibt oder die Einsamkeiten den Wind heimlich versteckt haben; ob wir gemeinsam am Meeresgestade stehen, oder ein tiefes Tal unsere Stirnen verschattet; ob einer glücklich, ob der andere unglücklich ist; immer ist die Frage dieselbe.

Von hier bis zum Ende ist es vielleicht genauso weit wie vom Anfang hier herauf, aber die Tage rollen immer schneller dahin, als habe etwas die Zeit selbst in unruhige Schwingung versetzt. Schon ist mir manchmal vieles leid, die ewiggleichen Bewegungen, Beine über die Bettkante hieven, wie oft schon wie oft noch. Der klebrige Kaffee, der Schaum beim Zähneputzen, das prickelnde Bier, wie ein zäher Ohrwurm, eine abgedroschene Melodie. Nichts scheint mehr neu zu sein. Neu war lange nichts. Da schlag ich dann wohl die Augen auf, aber Schlaf wie Wachsein ist mir gleichermaßen zu öd. Das Dichten, so kommts mir vor, war schon, hat stattgefunden, ist Ereignis, wir erzählens höchstens nach, mit jedem Wort, das wir uns abringen. Erschaffung wäre etwas anderes. Einst schuf ich eine Sprache, die nur ich verstand. War ich da glücklicher?

Ich sag mir, du hast es gehabt, du hast alles gehabt und mehr, als du hättest hoffen dürfen zu Beginn. Aber es hilft nichts, sich das vorzusagen, höchstens noch geschiehts, daß die Silben mich einlullen in hellen Schlaf. Ich fasse mich selbst an und denke dabei an sie. Siehe: Das Umarmen wird neu in ihren Armen. Das Küssen wird neu durch ihren Mund. Die Lust wird neu durch ihren Laut. Und wieder ist es nicht genug, nicht genug, wieviel ich auch erlebt hab.

Vielleicht regnet es gleich. Ich denke an dich, wie du, die Wolken überm Kopf spürend, dich wehrst gegen die drohende Nässe. Wie leicht verliert man aus den Augen, was das heißt: du spürst. Nicht ich spüre, was das einfachste ist, sondern dies unbegreifliche du. Du spürst. Die zweite Person ein Mysterium.

Nun rollt der Sommer an, die Vögel verstummen schon wieder, die Bäume saugen die Nässe aus der Luft und die Tage sind so lang und hell, als säumten sie zu vergehen. Und doch müssen sie weichen und anders werden, und neu. Diesen Sommer und den nächsten und so alle Zeit. Da stehen wir nun, vor uns noch viel zu leben und Menschen, die die Wichtigkeiten der Welt schon für uns festgelegt und in Rang gebracht haben wollen. Wo wird unser Platz darin wohl sein? Ob jeder für sich oder beide zusammen. Man kann es wollen noch so sehr: Nichts steht schon fest. Wo werden wir sein, ich und du, heut übers Jahr. Ich will es nicht denken, doch der Gedanke läßt sich nicht verscheuchen, flattert und flimmert und lugt um die Ecke, und paß ich nicht auf ist er da.

Ein letzter Gedanke ist dies. Die Liebe als Handeln. Die Liebe als ein Sich-Entscheiden. Als ein Glück, das nicht zu erreichen ist, sondern erfunden, erschaffen, aus der Seele herausgeformt, hervorgelebt werden will, Herzschlag für Herzschlag.

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