Dem geschah auch Lieb durch Liebe nie

Sonntag, 26. Juni 2005

...

Nie mehr unbedarft an den Zucchini vorbeigehen --

( ... den schwellenden Früchtchen ... )

Mittwoch, 15. Juni 2005

Frühknittelingsverse

der könig zaunt
die sonne staunt
es itzen die girlen
und felden die schwirlen:
die jamben hinken
die wolken winken
der regen raunt

das herz, das schlägt
die zunge regt
die lippe küßt
der honig fließt

das kehlchen rötelt
die amsel flötelt
die düfte lüften
die glieder hüften

die hitze klirrt
die fliege schwirrt
die füße kribbeln
die bäche ribbeln
die Segler schwirlen
die zungen quirlen

die mücken grasen
die herzen rasen
ein fingertraum
rührt meeresschaum
die nacht schlägt blasen
der hals trägt flaum.

der finger zupft
die nase tupft
die raupe rupft
der frischling schnupft

im stillen raum
riecht süß der baum
die gallen nachten
die wälder schmachten

die hand dich hält
ein tropfen fällt
es träumt die welt.

Dienstag, 24. Mai 2005

die liebe als handeln

Baumgestützt neigen sich die Wolken aus Himmeln, die sich entziehen. Emsiges Geflatter geht in den Kronen um, und die Pfützen spiegeln es nachdenklich wieder. Das Wasser bekommt eine Gänsehaut, und man weiß nicht, war es das Licht oder die Kühle des Windhauchs? Man kann die Fahrzeuge räuspern hören, Staub verwirbelt unter geöffneten Fenstern, und es ist, als gingen die Menschen nicht auf ihren eigenen Beinen, sondern auf geliehenen, oder solchen, die einen eignen (sich entziehenden, geheimen und unergründlichen) Willen haben.

Das sind die Gegebenheiten, eine gemeinsame Welt, der Regen gleich für uns beide, doch da fängt es schon an. Teilen ist ein schönes Wort, leicht fällts indessen nicht. Was kann man nicht alles teilen, Freud und Leid, Meinungen, Brötchen, Staaten, Ansichten, Budgets, Geheimnisse, Festplatten, Arbeit, Erfahrungen, Zeit, Atome, das Leben gar. Da stehen wir nun, wir zwei, und teilen uns, ob wirs wollen oder nicht, die Welt.

Ob hier, ob da, ob Flüsse zwischen uns brausen oder die Räume unwirsch klaffen mit verregneten Bahnhöfen, die die Strecken noch länger machen als sie schon sind; oder ob uns nichts trennt weiter als unsere verschwitzte Haut und das Pochen des andern Herzens; ob uns Freundesgebraus umgibt oder die Einsamkeiten den Wind heimlich versteckt haben; ob wir gemeinsam am Meeresgestade stehen, oder ein tiefes Tal unsere Stirnen verschattet; ob einer glücklich, ob der andere unglücklich ist; immer ist die Frage dieselbe.

Von hier bis zum Ende ist es vielleicht genauso weit wie vom Anfang hier herauf, aber die Tage rollen immer schneller dahin, als habe etwas die Zeit selbst in unruhige Schwingung versetzt. Schon ist mir manchmal vieles leid, die ewiggleichen Bewegungen, Beine über die Bettkante hieven, wie oft schon wie oft noch. Der klebrige Kaffee, der Schaum beim Zähneputzen, das prickelnde Bier, wie ein zäher Ohrwurm, eine abgedroschene Melodie. Nichts scheint mehr neu zu sein. Neu war lange nichts. Da schlag ich dann wohl die Augen auf, aber Schlaf wie Wachsein ist mir gleichermaßen zu öd. Das Dichten, so kommts mir vor, war schon, hat stattgefunden, ist Ereignis, wir erzählens höchstens nach, mit jedem Wort, das wir uns abringen. Erschaffung wäre etwas anderes. Einst schuf ich eine Sprache, die nur ich verstand. War ich da glücklicher?

Ich sag mir, du hast es gehabt, du hast alles gehabt und mehr, als du hättest hoffen dürfen zu Beginn. Aber es hilft nichts, sich das vorzusagen, höchstens noch geschiehts, daß die Silben mich einlullen in hellen Schlaf. Ich fasse mich selbst an und denke dabei an sie. Siehe: Das Umarmen wird neu in ihren Armen. Das Küssen wird neu durch ihren Mund. Die Lust wird neu durch ihren Laut. Und wieder ist es nicht genug, nicht genug, wieviel ich auch erlebt hab.

Vielleicht regnet es gleich. Ich denke an dich, wie du, die Wolken überm Kopf spürend, dich wehrst gegen die drohende Nässe. Wie leicht verliert man aus den Augen, was das heißt: du spürst. Nicht ich spüre, was das einfachste ist, sondern dies unbegreifliche du. Du spürst. Die zweite Person ein Mysterium.

Nun rollt der Sommer an, die Vögel verstummen schon wieder, die Bäume saugen die Nässe aus der Luft und die Tage sind so lang und hell, als säumten sie zu vergehen. Und doch müssen sie weichen und anders werden, und neu. Diesen Sommer und den nächsten und so alle Zeit. Da stehen wir nun, vor uns noch viel zu leben und Menschen, die die Wichtigkeiten der Welt schon für uns festgelegt und in Rang gebracht haben wollen. Wo wird unser Platz darin wohl sein? Ob jeder für sich oder beide zusammen. Man kann es wollen noch so sehr: Nichts steht schon fest. Wo werden wir sein, ich und du, heut übers Jahr. Ich will es nicht denken, doch der Gedanke läßt sich nicht verscheuchen, flattert und flimmert und lugt um die Ecke, und paß ich nicht auf ist er da.

Ein letzter Gedanke ist dies. Die Liebe als Handeln. Die Liebe als ein Sich-Entscheiden. Als ein Glück, das nicht zu erreichen ist, sondern erfunden, erschaffen, aus der Seele herausgeformt, hervorgelebt werden will, Herzschlag für Herzschlag.

Sonntag, 22. Mai 2005

...

Nun bin ich auf mich selbst geworfen, nun hat sich der Abend verwandelt, er ist lastend und sperrig meiner geworden, mir allein zuteil, was soll ich mit dieser Masse an Zeit?, und nun spiegeln die Stunden mir meine Vergänglichkeit, meine Sehnsüchte und auch meine Blindheit wider.

„Dann sehen wir uns also heute nicht?“ hab ich gefragt, und meine Stimme hat sich ganz klein angehört. Vernünftig, natürlich. Und was hätte ich denn auch von einer Sosiglaúke, die mürrisch und unzufrieden und todmüde ist und sich unwohl fühlt, weil sie lieber allein wäre. Nur weil ich anders bin, und es deshalb nicht verstehen will. Als könnte ich nur verstehen, was mir auch so geht … Nur weil ich selbst, müde nach Hause kommend, nichts lieber täte, als mit der Liebsten, und dann neben ihr einzuschlafen. Von ihr entmüdet und wieder müdgemacht. So. Aber die Menschen sind unterschiedlich.

In solchen Momenten fühle ich, will ichs will ichs nicht, eine gewisse Hilflosigkeit. Ich komme mir in meinen Vorstellungen ichverpflichtet, ichbeschlossen vor, und doch sind es die Bedürfnisse, die ich selbst an Stelle des anderen – und auch ihre Stillung vom andern einfordern würde ich.

Dann will mir aufgehen, wie allein wir doch alle wirklich sind, und was es für ein Glück bedeutet, wenn einmal sich das eine mit dem anderen berührt und zum Einklang kommt und eins miteinander wird in einem Zauberaugenblick, einer Wunderstunde. So etwas hat es gegeben, gerade erst …

Wie viele Wunderstunden mag es noch geben, für mich, für sie, für irgendwen? Ich denke, daß die Zeit unaufhaltsam verinnt, das süße Leben. Das wird immer deutlicher, klar.

Dann denke ich viel über früher nach, als die Zeit überreichlich da war und vom Fließen nichts zu merken, und jeder Augenblick so süß, wie wenn das Glas Wein noch ganz voll ist.

Dann auch denke ich, daß die Dinge immer komplizierter geworden sind. Wieso sollte ich nicht glauben, daß sie noch komplizierter werden? War ich es, der sich keine Gedanken machte, alles für einfach hielt und sich selbst für den Größten? Vielleicht ist es das. Irgendwo zwischen hier und der Stadt am Ende des Jahrtausends und wieder hier muß mir dieses unerschütterliche Selbstbewußtsein abhanden gekommen sein, und nun bin ich nichts als ein Bündel Fragen, und ein Wort, ein Blick, der alberne Artikel einer Frauenzeitschrift, ein Gespräch am Nebentisch, eine Diskussion im Netz werfen mich in komplette Verwirrung und unabschüttelbare Selbstzweifel. Hab ich mich all die Jahre getäuscht? War ich gar nicht so toll? Ließ man es mich nur fühlen, damit ich zufrieden sei, weil man meine Eitelkeit bemerkt hatte?

Oder habe ich mich verändert? Bin ich vielleicht so geworden, daß meine Selbstzweifel jetzt wirklich gerechtfertigt sind? Hatte ich sie früher nicht, weil sie unbegründet waren, waren? Und jetzt sind sies nicht mehr?

Auf mich geworfen, plötzlich unausweichlich und unablenkbar allein mit meinen Sehnsüchten, meiner Blindheit, meiner Vergänglichkeit. Wie soll das alles werden. Reicht denn, das beste zu wünschen für sich und den andern? Was ist mit den schweren Zeiten? Und warum schreckten sie mich früher nicht, die schweren Zeiten? Warum hab ich jetzt Angst, nicht wach genug zu sein für sie, woher die Sorge, ich könnte ihr nicht guttun? Früher tat ich gut, klar tat ich das, ich war schließlich der größte, ich war der Held. Der Retter, der, auch wenn er nicht viel helfen konnte, so doch darin half, daß er da war.

Wie konnte ich so unumstößliche Gewißheiten über mich selbst haben?

Allein mit meinen Sehnsüchten. So allein wie ich es früher bei dieser Gelegenheit nicht gewesen wäre.

Eine Unruhe packt mich beim Gedanken an ihren Schoß, wie ich sie noch nie so erlebt habe, und dabei ist es nicht das Verlangen, das diese Unruhe auslöst. Das Verlangen ist da und es ist schön, selbst noch im Ungestilltsein, in der Erwartung. Die Unruhe kommt nicht daher. Etwas quält mich, und ich kann es für einmal nicht benennen. Sie soll wissen, was für ein Sinnenrausch das für mich ist, ihre Lilie zu küssen, was es mit mir macht … und ich bange so darum, daß sies auch so schön finde, daß sie es mich für und für tun lasse, weil sie es selbst will. Daß wir beide verrückt danach seien und entzückt, und im Vertrauen, daß jeder für sich es im Rausch erfährt: sich hingeben. Es ihr erklären, es ihr beschreiben … aber wie könnte, wie sollte – wo gäb es denn Worte dafür? Was für ein Weg ist vom einen zum anderen? Ich habs nicht versucht, weil es sich so albern anhörte, und meine Stimme, sie wäre wieder ganz klein.

Samstag, 7. Mai 2005

Mannheim, 7. Mai 2005

Wenn ich an Dich denke, fühlt es sich an, als schössen aus meinen Fingerspitzen Knospen.
Ich hätte gern Flügel.
Und Arme, weit wie das Meer.
Oder Siebenmeilenstiefel.
Aber in ein Schneckenhaus muß ich dabei noch hineinpassen.

Freitag, 6. Mai 2005

...

Flüsterstunde blauverklebt: Laß mich schlafen, Kissenduft; komm wie der Tag zum Licht … und meinen Lidern flechte ein die feinen Gärten des Traums. Sieh: Die Fenster sind voll Nacht, die Augen sternenschläfrig. Und du, Mond, bist mir wieder Freund.

Meine Hand hat Eine mit Sonne befüllt. Die hat den Farben Namen gegeben, daß sie nun heißen Flieder und Kirsche, Rosenbaum und Blauregen, Mausohr und Mohn. Unter Birken nisten lächelnde Geister. Wolkengeächz wird am Himmel dünn. Von Tag zu übernächstem Tag bin ich alleiner als allein. Ihr Finger hat Flaum mir über den Bauch wachsen lassen. Und über die Stirn ist mir ein Taustreif gekommen. Lieder senken sich auf meine müden Glieder nieder wie Flackern durch ein Ährengewoge. Härchen stehen Kopf, und die Haut fühlt sich an wie Wasser.

In der Stadt riecht es nach Pflanzen, die Luft ist zittrig und scheu vor Licht, die Pfützen beben. Aber über Nacht hat sich der Frühling noch einmal und wieder verwandelt, hat frische duftende Kleider übergestreift und dem Wind neue Töne dagelassen.

Worte les ich und Wörtchen und süße Beklemmung umfaßt mir das Atmen. Zweige liegen zeichenweise auf der Straße, Vögel pfeifen ihren verborgnen Namen in den hellen Wind, und vor soviel Herzschlag weiß die Nacht nicht ein noch aus.

Dienstag, 3. Mai 2005

nächtlich, morgendlich

War ganz schön ungewohnt, so ohne Dich einschlafen, aufwachen; träumen ohne anschmiegsame Wärme daneben. War mir mein eigener Fremdkörper im Bett, kühl und unzugänglich und mir selbst den Platz wegnehmend. Viel Geträum mit Bildern, an denen noch Dalí hätte verzweifeln müssen. Nackte Riesenmänner, die ein seltsames Bauwerk errichten, einer mit einem grotesken Kopf und Kinderblick, ein Gebirgsmassiv, dahinter vielstundigwandernderweise das Meer warten würde, aber es ist schon abend, das schafft man nicht mehr.

Der Morgen ungewohnterweise so früh und so hell, verlebten Wochenends und Langausschlafens. Kurz vor dem Regen: Hausrotschwänze zerknirschen wieder Wagenladungen von Tonscherben. Ich denke an Linden, an Rauhblätter, an Mäuseohren, ich denke an dich.

Mittwoch, 20. April 2005

...

atemlosherzverklopft
zwischen
schnaufdecken und
gänsehäuten hangend
zerwühlte lippen und krabbelfingerkäferchen
regenbogengeläute
bimbam unter
kribbelfellen, vielfach
jenseits der müdigkeit
ein hallen von ferne und
atmen verliert sich flatternd
ans regenferndraußen

sinken.
kußzerknautscht
einträumen

morgendlich
wieder
unausgeträumt
ausnachten

sich herauflotsen lassen
zu zweit
von könig und taube

Montag, 18. April 2005

Flora, im April

Da ziehen ihre Blicke Vögel und Eichhörnchen für mich aus dem Gesträuch, daß ich sie auch sehen darf, lenkt ihr Finger mein Auge auf Winziggeflatter und offenen Schnabel, und scheue Minuten lang singt der Zaunkönig nur für uns beide.

Sie zeigt, deutet, benennt, öffnet Auge mir und Herz. Dieses Blatt seh ich nun zum ersten Mal, und jene Blüte, und diesen Vogel, und nebenbei lerne ich, was caulifloral bedeutet. Schneeballduft winkt uns auf den Wegen entgegen, unsere Nasenflügel blähen sich verzückt, wir sehen uns an, gehen weiter, und endlich wag ichs und tue, was ich schon tun will, seit die Haustür hinter uns ins Schloß gefallen ist, zupfe sie am Ärmel, nehme ihre Hand. Stille Zauber webend steht im verborgenen der Aaronstab dabei.

Wie blind war ich, daß der Frühling mir das Herz so resolut hat zurechtrücken müssen … und die sinnlosen Fanfaren haben sich wieder in Vogelstimmen verwandelt.

Freitag, 11. März 2005

blumen unterbaumig

lumen unterbaumig
untersonnig eulenretterin
fremdmond muß scheinen
nach mondeskräften
späterbleich.
vorerst stirnhellsonne
sich streckt
handhin, lippenwärts
schönstreichelstirn, wuschelzaushaarrot
unerfüllbar
weil
zaghandunvermögen.
augen sich ballen zu
schönheitfesselballonen. blick. ruht.
ruht wiederkünftigwarm
Antlitz
unterhimmelig sternbesäht
dann ist schon später
und
schnellerzeit braust
unaufhaltsam sommergesproßzumtrotz
augenschrittig in den zug forttrieb
ins fehlen fortgewunkenzwinkert
umwandt
trepperunter
haltlos anhalten
ziellos am ziel, und
fußverguß
vor dämmerhöhlengrellscheiben.
unterm gedröhn
stehengebleibe.
romanzeile eintritt stahlträgerverbebt –
so also ja. seufzso:
handlos.
menschengeschiebe hat keine balken
und
auch die sehnsucht keine.
kopfgeschüttel
verlorensein
flirrt
treppehochnach
nachhinauf
nach
dir.

VOCES INTIMAE

... for we have some flax-golden tales to spin. come in! come in!

Kommt herein, hier sind auch Götter ...

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